Suzumiya Haruhi:Band6 Ein Live erleben

From Baka-Tsuki
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Ein Live (er)leben[edit]

Es passierte in meinem ersten Jahr in der High School.

In diesem Jahr begann das Wetterphänomen namens Suzumiya Haruhi mit ihrem Wüten und die Folge von diesen für mich ereignisreichsten zwölf Monaten meines Lebens waren mehr nervenaufreibende Erlebnisse als ich aufzählen könnte. Würde ich in mein Fotoalbum schauen, wären da Unmengen von Dingen, die einem die Kinnlade runterklappen ließen. Eines dieser kleinen Ereignisse ist mir besonders stark im Gedächtnis geblieben, also erlaubt mir euch davon zu erzählen.



Es passierte zu einer Zeit, als die übrig gebliebene Sommerhitze sich vehement weigerte unser Land zu verlassen. Man musste fast annehmen, dass jemand aus Versehen einen Wetterwechselmechanismus in Gang gesetzt hatte, denn nach dem Kalender sollte schon der Herbst begonnen haben.

An diesem Tag fand das Schulfest statt.

Hinter uns lag das ganze Chaos, das durch den wahnsinnigen Regisseur und ausführenden Produzenten hervorgerufen wurde - angefangen mit der Ankündigung einen Film zu drehen bis zum Abschluss der Editierarbeiten.

Letztendlich war es mir zu verdanken, dass aus dem Film etwas geworden ist.

Heute war also der erste Tag des Schulfests und daher fand auch die Premiere statt. Ich weiß nicht, ob man den Film mit dem Titel "Die Abenteuer der Asahina Mikuru Episode 00" wirklich als Film bezeichnen kann. Eigentlich ist es eher eine Kontaktanzeige von Asahina-san, aber ich nehme an, dass er gerade deswegen gute Kritiken bekommen wird.

Warum ich "nehme an" sage? Weil ich nicht länger möchte, dass mein Name mit diesem Müll, der im wahrsten Sinne des Wortes die physikalischen Gesetze auf den Kopf gestellt hat, in Verbindung gebracht wird. Deshalb entschloss ich mich dazu, mir keine Gedanken mehr über den Film zu machen und vertrat mir stattdessen lieber zur Entspannung die Beine, nachdem ich dem Filmclub das Band ausgehändigt hatte.

Glücklicherweise macht sich Haruhi wenn es um die kleinen Details geht; in diesem Fall die ungemein wichtige Aufgabe für den Film zu werben; noch viel enthusiastischer als sonst an die Arbeit.

Wahrscheinlich war ihr egal was die Lehrer und Schüler dachten, die hatten sich sowieso schon an ihre Eskapaden gewöhnt, aber sie hätte zumindest auf die Eltern und die Besucher Rücksicht nehmen sollen, als sie in ihrem Bunny-Kostüm, das sie zuletzt im Frühling trug, vor dem Schuleingang stand. Wenigstens konnten sich Asahina-san, Nagato und Koizumi dank Haruhis Einsatz auf die Vorbereitung der Festaktivitäten ihrer Klassen konzentrieren. Die Aktivitäten waren übrigens nicht so langweilig wie die von Haruhis und meiner Klasse.

Der Sturm hatte sich also endlich gelegt und mein Bewusstsein war so klar wie das Wasser eines ruhigen Sees. Die Editierarbeiten waren das Letzte was noch getan werden musste und damit war ich nun endlich fertig. Ich schüttelte mich etwas verschlafen und entschied, Nagato beim Wahrsagen zuzuschauen und vielleicht gibt es was zu lachen, wenn Koizumi seine schlechten Schauspielkünste zum Besten gibt. Es mag ein typisches Schulfest einer kleinen Schule gewesen sein, aber es war immerhin ein Fest, also konnte es nicht schaden sich umzusehen, um etwas zu erleben, was man sonst nicht alle Tage sieht.

Außerdem hatte ich heute eine Pflicht zu erfüllen, meine Hand umklammerte schon die ganze Zeit ein kleines Stück Papier.

Und dieses Stück Papier war nichts anderes als ein Gutschein für den Nudelstand von Asahina-sans Klasse.

Egal wie billig die Teeblätter sein mögen, sobald Asahina-san daraus einen Tee kocht, wird er zum göttlichen Elixier. Deswegen war ich mir sicher, dass ein Nudelgericht aus diesen Händen es ohne weiteres mit dem eines erstklassigen chinesischen Restaurant aufnehmen könnte. Während ich die Treppe hochging, nahmen meine Erwartungen immer weiter zu und meine Schritte fühlten sich so leicht an als würde ich fliegen.

Als ich also voller Vorfreude mit dem Aufstieg ins Paradies begann, goss jemand einen kaltem Eimer Wasser über meinen Kopf.

"Sie hätten uns doch auch einen Gutschein geben können, bei dem man gar nichts bezahlen muss."

Es gibt nur einen einzigen Menschen auf der Welt, der sich so viel beschwert, nämlich Taniguchi. Ich hatte ihn nur deswegen eingeladen, weil er mir Leid tat, als er damals beim Filmdreh in den See gestürzt war. Sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen ihn für einen Gutschein in Betracht zu ziehen. Mehr kann er doch nicht verlangen.

"Ich hab alles gegeben und warte trotzdem immer noch auf meine Bezahlung! Du hättest mich wenigstens zur Premiere einladen können. Sag nicht, dass du meine ganzen Szenen herausgeschnitten hast. 30% Rabatt sind viel zu wenig wenn man bedenkt, dass ich fast ertrunken wäre!"

Das sind doch nur Kleinigkeiten. Du solltest Asahina-sans Güte in Ehren halten, immerhin können wir nun die Nudeln vom Stand ihrer Klasse genießen. Und wenn einer der Darsteller unterbezahlt war, dann war es Asahina-san selber. Ich hatte sogar mit dem Gedanken gespielt das Komitee der "Academy Awards" davon zu überzeugen ihr einen Oscar zu geben.

"Wenn du keine Lust hast mitzukommen, dann verschwinde!"

Als der Dritte im Bunde mich das sagen hörte, entschloss er zu vermitteln.

"Nun komm schon, Taniguchi, lass uns zusammen gehen. Zu dritt ist es doch besser oder möchtest du alleine durch die Gegend laufen?"

Das kam von meinem Mitschüler Kunikida, der im Gegensatz zu Taniguchi den Eindruck eines gescheiten Schülers machte.

"Außerdem bekommen wir wenn Kyon bei uns ist vielleicht mehr angeboten. Zum Beispiel mehr Kimchi. Magst du nicht koreanisches Essen so gerne, Taniguchi?"

"Naja, mehr oder weniger", antwortete Taniguchi rasch.

"Das kommt darauf an wie es schmeckt. Kyon, Asahina-san kocht nicht, oder?"

Als ich die Frage hörte, erinnerte ich mich daran, dass Asahina gesagt hatte sie würde nur für das Servieren zuständig sein. Aber warum die Frage?

"Ach, es ist nichts. Ich dachte nur, dass Asahina-san wahrscheinlich nicht kochen kann. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie mit Zucker anstelle von Salz würzt."

Ich will mich ja nicht beschweren, aber könntest du aufhören Asahina-san so zu behandeln? Es mag ja sein, dass Asahina-san weder ein gutes Maskottchen noch ein gutes Dienstmädchen ist, aber Menschen, die Zucker mit Salz verwechseln, würde man heutzutage nur in einer Fantasy-Welt finden. Asahina-san würde nur dann in Panik geraten, wenn sie ihr Gerät zum Zeitreisen verliert, obwohl mich gerade dieser Umstand daran zweifeln lässt, dass sie wirklich aus der Zukunft kommt.

"Ich bin wirklich gespannt wie es ist", sagte Kunikida: "Ich hab gehört, dass ihre Klasse ein Cosplay-Cafe macht. Asahina-sans Kellnerkostüm aus dem Film und das Bunny-Kostüm davor waren unglaublich, ich frag mich was sie diesmal trägt."

"Ich kann es kaum erwarten das herauszufinden", stimmte Taniguchi ihm zu.

Im Gegensatz zu mir waren die beiden es nicht gewohnt Asahina-san in ihrem Dienstmädchenkostüm zu sehen. Sie taten mir plötzlich leid.

Als wir die oberste Treppenstufe erreicht hatten und danach den Korridor betraten, begann auch ich mir vorzustellen was mich erwarten würde. Beim Stichwort Kellnerin war die enge Uniform, die Asahina-san im Film trug und bei mir den starken Drang auslöste sie zu begrabschen, alles was meiner schmutzigen Phantasie einfiel. Heute würde sie aber wohl eine bezaubernde und elegante Uniform tragen, in der sie graziös das Essen und Trinken serviert. Diese die Seele reinigende Szene vor Augen, kann man doch unmöglich mehr verlangen, oder nicht? Im Gegensatz dazu hat Haruhi schon immer viel zu komplizierte Kostüme vorgezogen, sie war verrückt genug sich in einem Bunny-Kostüm vor den Schuleingang zu stellen. Solche Nerven wie Drahtseile passen vielleicht zu einem rüden Mädchen wie Haruhi, aber nicht jeder ist so wie sie.

Asahina-san in einem von ihren Klassenkameraden handgemachten Kellnerkostüm ...

Nur dieser Umstand ließ mich Taniguchi begeistert zustimmen: Ich freute mich darauf. Total.



Heute wurden die Schulgänge ausnahmsweise mit grünen Grasmatten, die diesen billigen roten Teppichen ähnelten, ausgelegt.

Normalerweise müssen die Schüler extra Schuhe für drinnen anziehen, wenn sie die Schule betreten, aber diese Regel wurde, um den Besuchern entgegenzukommen, für heute und morgen aufgehoben. Also durfte jeder solange das Schulfest lief auch mit seinen Straßenschuhen in das Schulgebäude kommen. Die ganzen Aktivitäten lockten wieder viele Besucher an und so waren es nicht nur die Familien von den Schülern, die etwas auf dem Fest darboten, sondern die ganze Nachbarschaft, die hier die Zeit totschlug. Dann waren da noch die ehemaligen Klassenkameraden aus der Junior High School, die extra von den anderen Schulen herkamen; vor allem die aus der Mädchenschule am Fuß des Hügels. Deswegen wurde das Fest für viele männliche Schüler zur einmaligen Gelegenheit ihr Glück bei den Mädchen zu versuchen. Natürlich galt das auch für Taniguchi.

Wir drei wirkten wie Sardinen, die in Richtung ihrer Beute schwammen, als wir den Gang entlang gingen, auf dem nichts so sehr herausstach wie unsere North-High-Uniformen. Nachdem wir den Gang mit den Klassenräumen des zweiten Jahrgangs hinter uns gelassen hatten, erreichten wir endlich unser Ziel. Das Klassenzimmer lag genau zwischen einem, bei dem ein "Whac-A-Mole"-Spiel angeboten wurde und einem, bei dem Ballons an die Besucher verteilt wurden.

Über dem Eingang hing ein Schild mit der Aufschrift "Nudel- und Getränkestand" und wir waren anscheinend nicht die einzigen, die vom Geruch des gegrillten Teriyakis angelockt wurden, denn nirgendwo sonst war die Schlange so groß wie vor diesem Raum. Aber bevor wir uns in die sich schlängelnde Reihe einreihen konnten, rief eine Stimme:

"Ah! Kyon-kun, du bist also auch gekommen und hast deine Freunde gleich mitgebracht! Herzlich Willkomm! Hier lang bitte!"

Diese kristallklare Stimme und dieses strahlende Lächeln würde ich selbst aus zehn Yard Entfernung immer der richtigen Person zuordnen können, denn es gibt außer Haruhi nur einen einzigen Menschen, der so fröhlich lächeln kann.

Es war niemand anderes als die in eine Kellneruniform gekleidete Tsuruya-san, die vor uns stand.

Sie stand draußen bei den Tischen und winkte. Anscheinend war sie dafür zuständig die Eintrittskarten zu verkaufen und Kunden anzulocken.

"Und? Was sagst du zum Kostüm? Es sieht gut aus, nicht wahr?"

Tsuruya-san bewegte sich geschickt durch die Menge, als sie auf uns zukam.

"Natürlich tut es das", antwortete ich, während ich Tsuruya-san etwas zurückhaltend anschaute.

Ich war so beschäftigt damit mir Asahina-san in ihrem Dienstmädchenkostüm vorzustellen, dass ich ganz vergessen hatte, dass Tsuruya-san in die gleiche Klasse ging. Taniguchi und Kunikida starrten ihren langhaarigen Senpai an, als wären sie Fischer, die einen Plattfisch an Land gezogen hatten und überrascht feststellten, dass sich ein Guppy in dessen Schwanz verbissen hatte. Das kann ich ihnen nicht verübeln. Wer auch immer aus ihrer Klasse dieses Kostüm entworfen hatte, muss ein erstklassiger Mode-Designer sein. Es sah ganz anders aus als die seltsamen Kostüme, die Asahina-san gezwungenermaßen für den Film tragen musste. Das Kostüm war weder zu extravagant noch zu gewöhnlich. Jeder der es trägt muss darin elegant wirken, ohne dass sein natürlicher Charme vom Kostüm in den Schatten gestellt wird. Es holt in jeder Hinsicht alles aus dem Träger heraus und könnte ohne weiteres das beste Mode-Design des Jahres sein.

Wie auch immer, das Kostüm war so gut, dass ich es nicht besser als mit diesen abstrakten Begriffen beschreiben kann. Ich dachte, dass wenn schon Tsuruya-san in diesem Kostüm so gut aussah, mich Asahina-sans Anblick vermutlich regelrecht erstarren lassen würde.

"Das Geschäft läuft gut, nicht wahr?"

Als sie mich das sagen hörte, antwortete Tsuruya-san: "Nya ha ha ha. Ja, sie beißen wirklich an!"

Sie ignorierte die Blicke der anderen Leute, hob elegant ihre Schürze und sagte: "Wir haben für die Nudeln die billigsten Zutaten genommen, sie schmecken absolut schrecklich, und trotzdem haben wir so viele Kunden. Ich kann mit dem Lachen gar nicht mehr aufhören, wenn ich mir vorstelle, dass sie für so was so viel Geld bezahlen."

Tsuruya-san sah wirklich glücklich aus. Man muss kein Genie sein um zu verstehen, warum nur Jungs in der Schlange standen. Tsuruya-sans Lächeln war so zauberhaft, dass selbst ich von ihrer Fröhlichkeit angesteckt wurde. Letztendlich lassen Männer sich eben leicht täuschen.

Wir stellten uns ans Ende der langen Schlange und warteten. Als dann Tsuruya-san, die weiterhin ihr Lächeln kostenlos verteilte, zu uns kam, sagte sie: "Bitte zuerst bezahlen! Wir haben nur gebratene Nudeln und Wasser! Eine Platte kostet 300 Yen, das Leitungswasser ist umsonst!"

Ich gab ihr die Gutscheine.

"Hm, drei Stück habt ihr? Dann macht es 500 Yen für euch drei. Da habt ihr viel gespart!"

Danach steckte sie die Münzen in ihre Schürze und gab uns drei Essensmarken.

"In Ordnung, bitte wartet einen Moment! Ihr kommt gleich dran!"

Nachdem sie das gesagt hatte, drehte sich Tsuruya-san um und ging zurück zum Tisch beim Eingang. Bald war nur noch das Klimpern der Münzen in ihrer Schürzentasche zu hören, als sie in der Menge verschwand.

"Sie ist ganz schön lebhaft. Wie schafft sie das?", sagte Kunikida beeindruckt.

Taniguchi senkte seine Stimme und fragte: "Kyon, das geht mir schon einige Zeit durch den Kopf. Wer ist das eigentlich? Eine von deinen und Suzumiyas Komplizinnen?"

"Nei~~n"

Genauso wie ihr ist Tsuruya-san nicht in unserem Club. Sie ist nur die Lückenfüllerin wenn mal jemand gebraucht wird. Komischerweise taucht sie immer zur richtigen Zeit auf.



Vermutlich dauert "ein Moment" bei Tsuruya-san eine halbe Stunde, denn wir mussten ungefähr dreißig Minuten warten, bis wir endlich an die Reihe kamen. Während wir gewartet hatten, wuchs die Schlange immer weiter an und es waren alles Jungs, die sich anstellten ... ein wirklich unglaubliches Schauspiel. Obwohl wir nicht das Recht hatten etwas zu sagen; wir waren immerhin auch ein Teil der Schlange.

Das Klassenzimmer war in zwei Hälften geteilt; in der einen befand sich die provisorische Küche und in der anderen die Tische. Die Nudeln brutzelten laut in den Pfannen, als die Köche, alles Mädchen in weißen, japanischen Schürzen, sie brieten. Da die Zutaten auch nur von Mädchen geschnitten wurden, fragte ich mich, wo die ganzen Jungs geblieben waren. Und was hatten sie die ganze Zeit gemacht?

Ich erfuhr später von Tsuruya-san, dass die armen Kerle praktisch Sklaven der Mädchen gewesen waren und entweder losgeschickt wurden, um fehlende Zutaten und Zubehör zu besorgen oder für das Wasserholen und Waschen der Teller zuständig waren. Da kann man nichts machen, das "Wassermannzeitalter" hatte wohl begonnen.

Tsuruya-san führte uns zu unserem Tisch und sagte: "Hier ist euer Tisch. Drei Mal Wasser für die Kunden!"

Eine bezaubernde Stimme antwortete: "Komme~~. Ah, herzlich Willkommen."

Ich brauche wohl nicht zu erwähnen wem diese Stimme gehörte. Ihr könnt euch sicher schon denken, wer mit drei Gläsern Wasser auf einem Tablett zu uns kam.

Nachdem sie uns die Gläser gegeben hatte, steckte sie das Tablett unter ihren Arm und verbeugte sich höflich: "Willkommen! Vielen Dank, dass ihr unseren Nudelstand besucht!"

Sie lächelte sanft und sagte: "Hallo, Kyon-kun ... und deine Freunde ... ihr seid die Statisten gewesen, oder?"

Die beiden neben mir antworteten gleichzeitig.

"Ich bin Taniguchi."

"Ich bin Kunikida."

"He he, ich bin Asahina Mikuru."

An der Wand des Klassenzimmers hing ein Poster auf dem "Keine Fotos!" stand. Das war verständlich, denn wären Fotos erlaubt gewesen, hätte man bei dem ganzen Chaos kaum Nudeln verkaufen können.

Selbstverständlich konnte Asahina-san der ganzen Schule den Kopf zu verdrehen. Deswegen war es auch klar, dass ich beim Anblick ihres Kostüms auf Wolke sieben schwebte. Mehr brauche ich nicht sagen, um ihre Niedlichkeit zu beschreiben. Asahina-san und Tsuruya-san sahen so wunderschön aus, dass ich ihnen am liebsten den Preis für das beste Kellnerkostüm verliehen hätte. So muss das Paradies aussehen.

Das Tablett steckte immer noch unter Asahina-sans Arm, als sie die Essensmarken in zwei Hälften riss. Nachdem sie uns die eine Hälfte zurückgegeben hatte, sagte sie: "Bitte wartet einen Moment."

Dann lief sie unter den wachsamen Augen der Jungs zurück in die provisorische Küche. Tsuruya-san lächelte und erklärte: "Mikuru kümmert sich nur um die Essensmarken, sammelt Teller ein oder bringt das Wasser. Mehr macht sie nicht! Nicht auszudenken, wenn sie beim Tragen der heißen Nudeln aus Versehen stolpern und sich an ihnen verbrennen würde. Deswegen bieten wir unserem 'Covergirl' den größtmöglichen Schutz."

Das kann ich sehr gut verstehen, Tsuruya-san.



Eine andere Kellnerin vom zweiten Jahrgang servierte uns die Nudeln. Der Preis für die Extraportion Kimchi war weniger Fleisch, die Nudeln waren bestenfalls normal und außer der Soße hatte kaum etwas Geschmack. Also alles andere als gut. Asahina-san flog wie ein Kolibri von Tisch zu Tisch und schenkte den neuen Kunden Wasser ein, bevor sie die Essensmarken entgegennahm. Ab und zu kam sie mal zu uns zurück, um die Gläser wieder mit kaltem Wasser aufzufüllen, das eigentlich gar nicht wirklich kalt gewesen ist. Immerhin besser als nichts. Auch Tsuruya-san war die meiste Zeit beschäftigt und rannte ständig rein und raus, während sie die Kunden empfing. Es war einfach nicht angenehm genug, um hier längere Zeit zu bleiben.

Wir brauchten nur fünf Minuten, um die Nudeln zu essen und obwohl wir nicht wirklich satt waren, blieb uns keine andere Wahl als so schnell wie möglich zu verschwinden.

"Und was machen wir jetzt?"

Kunikida fragte: "Ich möchte mir den Film ansehen, den Kyon gemacht hat. Nur um sicherzugehen, dass ich auch mit drinnen bin. Was ist mit dir, Taniguchi?"

"Ich werde meine Zeit nicht mit so einem Film verschwenden!"

Sagte Taniguchi ablehnend und nahm einen Flyer mit dem Programm des Schulfestes aus seiner Tasche.

"Beim Nudelstand gab es kaum was zu essen, ich gehe noch zum Barbecue vom Wissenschaftsclub. Aber vorher ..."

Er grinste boshaft.

"Werde ich diese Gelegenheit ausnutzen und ein paar Mädchen abschleppen! Meine Ziele sind heute Mädchen in Alltagskleidung. Du musst auf die achten, die zu dritt herumlaufen. Wenn du mit denen flirtest, kommt mindestens die Hälfte wirklich mit dir mit. Das sagt mir meine Flirt-Erfahrung."

Zum Teufel mit deiner Flirt-Erfahrung. Deine Erfolgsquote ist praktisch gleich null, was bringen mir deine Erfahrungen?

Ich schüttelte schnell meinen Kopf: "Ich komme nicht mit. Ihr könnt alleine gehen."

"Ah."

Taniguchi lächelte kalt, während Kunikida zustimmend nickte, als würde er etwas verstanden haben. Das ging mir auf die Nerven, aber ich wusste nicht, was ich dagegenhalten sollte. Nicht dass ich Angst hätte beim Flirten mit anderen Mädchen auf jemand bestimmtes zu treffen, es ist nur so ... dass ich lieber auf Nummer sicher gehe.

Taniguchi tat so als würde er seufzen, also versuchte Kunikida zu vermitteln: "Ich hab heute auch keine Lust mit Mädchen zu flirten. Tut mir leid. Wenn du eine abschleppst, kannst du mir ja ihre Freundin vorstellen. Wir sind immerhin Freunde, nicht wahr?"

Danach sagte Kunikida: "Also dann bis später, Leute."

Und ging gelassen. Ich entschloss mich Kunikida zu folgen und ließ Taniguchi, der uns wie ein Idiot hinterher starrte, zurück.

"Bis später, Taniguchi. Ich frag dich heute Abend wie hoch deine Quote gewesen ist. Falls du überhaupt Erfolg gehabt hast."



Hm ... wohin soll ich als nächstes gehen?

Wenn ich in das Klassenzimmer gehe, werde ich dort wahrscheinlich auf Haruhi treffen. Ich nahm an, dass jemand sie schon längst davon abgehalten hatte weiterhin Flyer am Schuleingang zu verteilen, also wird sie nun schmollend im Klassenzimmer sitzen. Außer ihr wird natürlich niemand anderes da sein. Also wird sie nichts Besseres zu tun haben als mit mir in der Schule herumlaufen zu wollen und zwangsläufig wird dabei etwas passieren, das mein Ansehen sehr stark in Mitleidenschaft zieht. Als mir dieser Gedanken durch den Kopf ging, entschlossen sich meine Füße fast wie von selbst in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Lass mir bitte nur heute meine Ruhe. Morgen kommen meine Mutter und Schwester zu Besuch, da wird es mit dir schon genug Ärger geben.

Ich schaute mir noch mal das Programmheft an. Leider gab es nur wenige interessante Aktivitäten. Ich interessierte mich nicht für die Ergebnisse der Schulumfrage und die Studie über die Verteilung der lokalen und ausländischen [de.wikipedia.org/wiki/Bauhinia Bauhinien-Arten] tat es auch nicht. Jeder Jahrgang hatte anscheinend mehr als zwei Filme gedreht, aber ich hatte keine Lust mir einen von ihnen anzusehen. Ebenso wenig interessierten mich die Diskussionsrunden über das was wir gelernt hatten oder die Irrgärten aus Aluminiumpapier. War es wirklich eine gute Idee Mitglieder von außerhalb zu rekrutieren, um einen neuen Handballclub zu gründen? Nur unser Klassenlehrer Okabe war von dieser Idee begeistert.

"Also bleibt mir nur ..."

Mein Blick stoppte beim größten Ereignis des Schulfests, deren Veranstalter wie niemand anderes Tag und Nacht geübt hatten. Ich dachte plötzlich an das nervende Tröten von Trompeten, das die letzten Wochen jede Nacht zu hören war.

"Das Konzert des Trompetenorchesters."

Ich schaute noch mal genauer hin, leider werden sie erst am nächsten Tag spielen. Es gab wirklich eine Menge Clubs, die die Aula gebucht hatten. Der Theaterclub und der Chor werden ebenfalls erst morgen etwas ausführen, was ist dann heute dran ...

"Live-Konzert des Popmusikclubs und von Bands, die sich registriert haben."

Das kennt man ja. Die meisten Bands werden zwar nur Lieder aus den Charts spielen, aber es ist zur Abwechslung mal ganz nett Live-Musik zu hören. Die Leidenschaft und Mühe, die die Bands in ihre Aufführung gesteckt hatten, übertraf mein Engagement für unseren Film um das Hundertfache. Ich könnte ja hingehen, um die Ergebnisse zu vergleichen und während ich mich bei ihrer Musik entspanne, diesen Indie-Film endlich ad acta legen.

"Ein wenig Zeit für mich habe ich jetzt wirklich nötig."

Wer hätte gedacht, dass mein Plan auf so überraschende Weise zunichte gemacht werden würde.

Es war naiv, immer anzunehmen alles in der Welt hätte seine Grenzen. Ich vergesse immer wieder, dass es diese Grenzen nur gibt, damit jemand sie ignoriert und letztendlich bricht. Wegen dieser Naivität wurde ich in einen unendlichen Strudel des Chaos gezogen, der das Fassungsvermögen jedes Menschen übersteigt. Ich musste erst ein seltsames Ereignis nach dem anderen erleben, um zu erkennen, wie einfältig ich doch war. Diese Lektion muss ich an meine Nachfahren weitergeben, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob diese Regel überhaupt noch für sie gelten wird, aber darüber zerbreche ich mir jetzt nicht den Kopf.



Die Türen der Aula waren weit geöffnet und von innen kam so viel Lärm, dass es mir so vorkam als würden die Götter selber ein Konzert veranstalten. Die Qualität vom Soul-Rock-Konzert war nicht gerade berauschend, aber wenn man sein ganzes Herz in die Sache reinsteckt, dann spielt es keine Rolle ob man gut oder schlecht ist. Das ist wie mit einer Miso-Suppe. Wenn man sie nicht würzt, schadet das der Suppe nicht. Obwohl sie viel besser schmeckt, wenn sie gewürzt ist, aber das Hauptgericht ist letztendlich die Miso-Suppe und nicht das Gewürz. Hätte man nur die Gewürze vorgesetzt bekommen, würde das keinen Sinn machen.

Ich schaute mich in der ziemlich klein wirkenden Aula um. Die Metallstühle waren nur zu ungefähr zwei Drittel gefüllt. Die Amateurbands spielten einige bekannte Poplieder; bis sie groß rauskommen wird es wohl noch eine Weile dauern; obwohl die Remix-Fähigkeiten des Rundfunkclubs auch zum Teil für die Wirkung des Auftritts verantwortlich gewesen sind.

Die Lichter richteten sich alle auf die Bühne und während die Umgebung langsam dunkler wurde, fand ich eine Reihe mit leeren Stühlen und setzte mich.

Dem Programmheft zufolge war das Konzert in zwei Abschnitte aufgeteilt, einer gehörte ganz dem Popmusikclub und der andere war für Amateurbands, die sich für das Konzert registriert hatten. Im Moment spielten die Schüler des Amateurbands. Vor der ersten Reihe gab es eine kleine Stehfläche, auf der einige Leute zur Musik tanzten. Ich nahm an, dass es sich entweder um Familienmitglieder der Band handelte oder um Leute, die dafür bezahlt wurden. Auf jeden Fall waren die Verstärker zu laut, um tagzuträumen.

Kurz nachdem ich meine Hände hinter den Kopf gelegt hatte und der letzte Ton gespielt wurde, stellte der Leadsänger seine Gefolgschaft vor. Ich erfuhr, dass die Band "Die freundlichen Fünf" hieß und aus dem zweiten Jahrgang kam. Ich werde diese Informationen vermutlich in drei Tagen wieder vergessen haben.

Musik interessiert mich nicht genug, um sie wirklich wertschätzen zu können und ich hatte kein Interesse mir zu merken wer die Interpreten waren. Ich war nur dort, um Zeit totzuschlagen.

Also fing ich an mich zu entspannen.

Als dann, nachdem die "Freundlichen Fünf" auf der einen Seite die Bühne verließen, während sie den sporadisch klatschenden Zuschauern zuwinkten, eine andere Band die Bühne betrat ...

Musste ich mir die Augen reiben.

"Was!?"

Die Stimmung in der Halle schlug schnell um. Der Gemütszustand von allen stürzte zehn Meter nach unten und der Lärm des Gemurmels hallte in meinem Kopf wider.

Als sie auf der Bühne stand, schwangen ihre Hasenohren hin und her. Selbst in Verkleidung würde ich sofort erkennen wer das war.

"Was zum Teufel denkt dieses Mädchen was sie da macht?"

Es hatte mich schon umgehauen, dass sie mit ihrem typischen Gesichtsausdruck und in ihrem Bunny-Kostüm ins Rampenlicht trat, aber sie hatte auch noch einen Notenständer und ein Mikrophon bei sich.

Als sie auf der Bühne stand, schwangen ihre Hasenohren hin und her. Selbst in Verkleidung würde ich sofort erkennen wer das war.

Suzumiya Haruhi.

Aus irgendeinem Grund stand Haruhi mitten auf der Bühne und hatte einen sehr ernsten Gesichtsausdruck.

Es wäre ja in Ordnung gewesen, wenn es nur sie gewesen wäre.

"Ah!?"

So muss es sich ungefähr angehört haben, als die ganze Luft auf einen Schlag aus meinen Lungen gepresst wurde, nachdem ich sah, wer nur eine Sekunde später als zweites auf die Bühne kam.

Manchmal eine böse, außerirdische Magierin, manchmal eine in einen dunklen Mantel gekleidete Wahrsagerin mit einer Kristallkugel.

" ... "

Sprachlos ... ich war wirklich sprachlos.

Nagato Yuki trug ihren schwarzen Hut und Mantel, an die ich mich in den letzten Wochen schon langsam gewöhnt hatte, und eine E-Gitarre. Was haben die beiden nur vor?

Wären Asahina-san und Koizumi den beiden gefolgt, hätte ich erleichtert geseufzt. Aber die dritte und vierte Person waren Mädchen, die ich nicht kannte. Ihre schlichten Uniformen gaben ihnen eine gewisse Ausstrahlung, ich nahm an, dass sie Senpais aus dem dritten Jahrgang sein mussten. Eine von ihnen trug einen E-Bass, während die andere Schlagzeug mitbrachte. Mehr Bandmitglieder kamen nicht.

Warum? Als ich Haruhi und Nagato in ihrem Schulfest-Outfit sah wollte ich am liebsten meine Augen schließen. Warum waren die beiden in der Band des Popmusikclubs? Und wieso stand Haruhi mit einem Mikrophon auf der wichtigsten Position?

Als ich immer noch versuchte diese Fragen zu beantworten, sah die mysteriöse Vier-Personen-Band so aus als wolle sie loslegen. Das Publikum murmelte weiter, während ich sie sprachlos anstarrte. Die Bassistin und die Schlagzeugerin testeten nervös ihre Instrumente, während Nagatos Gesicht so ruhig wie immer wirkte, als sie ihre Finger auf die Gitarre legte.

Als nächstes stellte Haruhi etwas das wie Notenblätter aussah auf den Ständer und schaute sich dann in der Halle um. Die Sitzreihen waren ins Dunkel getaucht, als denke ich nicht, dass sie mich gesehen hatte. Haruhi klopfte auf das Mikrophon, um zu testen, ob es funktionierte und wandte sich danach zur Schlagzeugerin, um etwas zu ihr zu sagen.

Dann, ohne sich vorzustellen, ohne irgendeine Ankündigung oder irgendein Wort vom Veranstalter, fing die Band an zu spielen. Schon der Auftakt reichte aus, um mich vom Sitz fallen zu lassen. Nagatos Fähigkeiten mit der Gitarre waren auf dem Niveau von Leuten wie Mark Knopfler oder Brian May. Und sie spielten ein Lied, dass ich noch nie zuvor gehört hatte. Wie ist das möglich?

Was zum Teufel ist da los? Während ich darüber nachdachte, als wolle sie mich noch weiter durcheinander bringen, fing Haruhi plötzlich an zu singen.

Es war eine sehr klare Stimme. So klar, dass sie bis zum Mond reichen könnte.

Auch wenn sie den Text nur vom Notenblatt ablas.



Ich blieb über die gesamte Dauer des Liedes sprachlos. Wahrscheinlich wirkte ich so wie eines dieser Monster aus einem Rollenspiel, das von einem "Stille"-Zauberspruch getroffen wurde.

Haruhi bewegte sich kein Stück. Sie stand nur dort und konzentrierte sich auf das Singen. Ich nehme an, dass es kaum möglich ist gleichzeitig zu tanzen und den Text abzulesen.

Nachdem das erste Lied zu Ende war, hatte ich mich immer noch nicht vom Schock erholt. Normalerweise wäre jetzt der Zeitpunkt für stehenden Applaus, aber das Publikum war genauso versteinert wie ich.

Was kommt noch? Es war ja schon erstaunlich, dass Haruhi auf der Bühne stand und sang, aber es war noch erstaunlicher, dass Nagato auf einer E-Gitarre so gut spielen kann. Ich bin mir sicher, dass die anderen Mitglieder des Popmusikclubs genauso überrascht waren. Die Besucher von außerhalb, werden sich andererseits vermutlich nur Folgendes gefragt haben: "Warum trägt die Leadsängerin ein Bunny-Kostüm?"

Die Halle war so ruhig wie ein Schützengraben nach einem Bombenteppich.

Wir waren so still wie Seefahrer, die vom Gesang der Sirenen betört wurden. Als ich genau hinsah, stellte ich fest, dass die Mädchen, die den Bass und das Schlagzeug spielten, Haruhi und Nagato mit dem gleichen überraschten Gesichtsausdruck anstarrten. Also war nicht nur das Publikum wie gelähmt.

Haruhi schaute in Richtung Publikum und wartete auf etwas. Irgendwann runzelte sie ihre Stirn und drehte sich um. Daraufhin fing die Schlagzeugerin an wild auf die Trommeln zu schlagen und das zweite Lied ging los.



Als hätte sie das Publikum nicht schon genug begeistert, spielte die mysteriöse Band nun sogar schon ihr drittes Lied.

Vielleicht hatte ich mich schon daran gewöhnt, denn meinen Ohren gefielen langsam Rhythmus und Liedtext. Es war ein schneller R&B-Song, den ich, obwohl ich ihn das erste Mal hörte, sehr angenehm fand. Das Lied war wirklich gut. Vielleicht kam es wegen der unglaublichen Fähigkeiten der Gitarristin oder wegen Haruhis makellosen Stimme … hm, wie soll ich es sagen? Meistens nervt es mich ja nur sie schreien und schimpfen zu hören, aber ich muss zugeben, dass sie eine sehr gute Sängerin ist.

Das Publikum hatte sich auch vom Zustand der Versteinerung erholt und hörte der Darbietung nun aufmerksam zu.

Ich schaute mich ein wenig um und bemerkte, dass die Zahl der Zuhörer zunahm. Zwischen den Leuten, die neu hinzugekommen sind, entdeckte ich jemanden, den ich sehr gut kenne. Er trug die Rüstung eines dänischen Ritters und kam auf mich zu.

"Hallo."

Er flüsterte direkt in mein Ohr, vermutlich weil er fürchtete, dass seine Stimme nicht gegen die Lautsprecher ankommen würde: "Darf ich fragen was hier gerade vor sich geht?"

Es war niemand anderes als Koizumi.

Woher zur Hölle soll ich das wissen? Schrie ich zurück und starrte Koizumis seltsames Kostüm an. Wieso läufst du mit deinem Kostüm in der Schule herum?

"Weil es zu umständlich ist sich ständig umzuziehen, deshalb hab ich mich entschlossen das Kostüm auch außerhalb der Vorstellung anzubehalten."

Und wieso bist du hierher gekommen?

Koizumi schaute mit einem sanften Gesichtsausdruck zur Bühne auf der Haruhi stand und schnippte dann seine Haare durch die Luft: "Ich hab Gerüchte gehört."

Es macht also schon die Runde?

"Ja. Wenn jemand in diesem Outfit etwas aufführt, ist es nur verständlich, dass sich die Neuigkeit schnell verbreitet. Wer kann das schon für sich behalten?"

Der größte Unruhestifter der North High, Suzumiya Haruhi, führt wieder was im Schilde … Ich hab schon öfter miterlebt wie sich diese Neuigkeit in der ganzen Schule verbreitet hat. Es stört mich nicht wenn das Mädchen für eine neue X-Akte in ihrem Ordner sorgt, aber es wäre nicht in Ordnung, wenn mein Name oder der der SOS-Brigade damit in Verbindung gebracht werden würden.

"Suzumiya-san ist wirklich unglaublich. Nagato ebenso."

Koizumi lächelte und schloss seine Augen, als wolle er die Musik genießen. Ich wandte mich wieder zur Bühne und beobachtete Haruhi, denn ich wollte wissen was sie wirklich vorhatte.

Wir beide, Koizumi und ich, hatten die gleiche Meinung vom Gesang und der Aufführung, selbst wenn die Leadsängerin den Liedtext ablesen musste.

Aus welchem Grund auch immer hatte die Aufführung etwas an sich, das mich bewegte. Woher kam das Zittern in meinem Herzen?



Das nächste Lied hatte eine langsame, melancholische Melodie, wahrscheinlich um die Vorführung abwechslungsreicher zu gestalten. Als das vierte Lied zu Ende ging, hatten sein Rhythmus und der Text bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Es war schon lange her, dass ich so ein bewegendes Lied gehört hatte. Das dachte nicht nur ich, denn das Publikum war auch geradezu andächtig still, man hörte nicht mal jemanden sich räuspern. Auch nachdem das Lied vorüber war, blieb die Aula still.

Endlich, nachdem sie sich zur nun randvoll gefüllten Halle gewendet hatte, sprach Haruhi ihre ersten Worte: "Ähem ... Hallo Leute."

Sagte sie steif.

"Ich denke es wird Zeit, dass ich die Mitglieder der Band vorstelle. In Wirklichkeit sind ich und ..."

Sie zeigte zu Nagato.

"Yuki keine Mitglieder der Band. Wir machen nur Vertretung. Die richtige Leadsängerin musste wegen unvorhergesehener Umstände passen. Oh, und die Leadsängerin ist auch gleichzeitig die Gitarristin. Es gibt also nur drei Mitglieder in dieser Band."

Das Publikum hörte ihr aufmerksam zu.

Haruhi ging um den Notenständer herum zur Bassistin und gab ihr das Mikrophon. Das Mädchen schaute Haruhi nervös an und fragte sie leise: "Ja?" Erst danach stellte sie sich euphorisch vor.

Danach ging Haruhi zur Schlagzeugerin und ließ auch sie sich vorstellen. Abschließend machte sie sich wieder auf den Weg zur Mitte der Bühne.

"Diese beiden und die abwesende Bandleaderin sind die echten Mitglieder der Band. Das ist alles … und tut mir Leid wegen allem. Ich weiß nicht, ob ich eine gute Vertretung gewesen bin, wir hatten ja nur eine Stunde Zeit zum Proben, aber ich musste es einfach versuchen."

Haruhi schüttelte ihren Kopf, dabei wippten die Hasenohren wild hin und her.

"Wenn ihr also hören wollt wie die Lieder klingen, wenn sie von der Leadsängerin gesungen und gespielt werden, dann tragt euch nachher für eine CD ein. Oh und jeder der einen MD- oder MP3-Player bei sich hat kann nachher eine Kopie bekommen, stimmt's?"

Die Bassistin nickte steif mit dem Kopf.

"Ok, dann ist alles geklärt."

Haruhi zeigte ihr erstes Lächeln, also kann sogar dieses Mädchen mal nervös werden, und sie strahlte gleich so sehr, dass es so aussah als wären alle Fesseln von ihr gefallen. Es war dieses strahlende Lächeln, das sie immer im Clubraum zeigte. Naja, nicht ganz so strahlend, aber die Helligkeit lag mindestens bei 50 Watt.

Haruhi drehte sich zu Nagato, die ausdruckslos wie immer wirkte, und schrie dann so laut sie konnte ins Mikrophon: "Und jetzt zum letzten Lied!"



Später erfuhr ich dann von Haruhi die ganze Geschichte.

"Nachdem ich mit dem Verteilen der Flyer am Schuleingang fertig gewesen bin und mich auf dem Weg zum Klassenraum befand ..."

Haruhi erzählte weiter: "Sah ich wie ein paar Leute bei den Schuhfächern diskutierten. Es waren die Bandmitglieder und einige Vertreter vom Schulfestvorstand des Schülerrats. Ich bin neugierig gewesen und hab gelauscht weshalb sie gestritten haben."

Und du hast noch dein Bunny-Kostüm getragen?

"Was ich getragen habe ist doch egal. Ich hab sie also belauscht und erfuhr, dass der Festvorstand die Band nicht auftreten lassen wollte."

Und warum gerade bei den Schuhfächer?

"Das kommt daher, weil sich die Leadsängerin kaum auf den Beinen halten konnte. Sie hat plötzlich Fieber bekommen, anscheinend wegen einer Mandelentzündung, durch die sie kaum sprechen konnte. Sie sah ganz schön erschöpft aus."

Da hatte sie wirklich Pech.

"Genau. Und dann war sie auch noch vorher zuhause gestolpert und hatte sich das rechte Handgelenkt verdreht. Sie hätte unmöglich auftreten können."

Wenn es sowieso unmöglich war, wieso ist sie dann zur Schule gekommen?

"Sie hat ja weinend und flehend versucht, die Leute vom Vorstand davon zu überzeugen sie auf die Bühne zu lassen. Aber sie sah so aus als würde sie sofort umkippen, wenn sie nicht schnell behandelt werden würde, also trugen die Mitglieder vom Vorstand sie ... ungefähr so ... weg. Als würden sie ein kleines, grünes Männchen tragen. Jeder zog und drückte und am Ende standen sie vor den Schuhfächern."

Aber wie wollte die Leadsängerin überhaupt auftreten, wenn sie krank und obendrein verletzt gewesen ist?

"Alleine durch pure Entschlossenheit."

Ich glaube nur du wärst zu so was in der Lage.

"Sie hatten für diesen Tag so hart gearbeitet! Wenn deine eigene Arbeit umsonst gewesen ist, lässt sich das ja noch verkraften, aber die deiner Freunde wäre es auch. Ich hasse so was wirklich."

Das klingt so als hättest du selber hart gearbeitet.

"Und erst recht die Lieder. Sie wollten keine von diesen halbherzigen Popliedern aufführen, sondern Eigenkreationen. Mit selbst komponierten Melodien und eigenen Texten. Natürlich wollten sie um jeden Preis auftreten. Wenn die Lieder sprechen könnten, hätten sie bestimmt 'Spiel mich! Spiel mich!' geschrien!"

Also hast du dich entschlossen die Ärmel hochzukrempeln und ihnen zu helfen?

"Mein Kostüm hatte keine Ärmel. Die Leute vom Schulfestvorstand sind alles dumme Ja-Sager, die von den Lehrern in den Vorstand reingesetzt wurden. Deswegen reden die sowieso nur Unsinn. Normalerweise würde ich denen nie zustimmen, ich stehe mit dem Schülerrat ja auf Kriegsfuß, aber auch ich war der Meinung, dass die Leadsängerin so schlecht aussah, dass sie unmöglich auftreten könnte. Also hab ich gesagt: 'Lasst mich das übernehmen.'"

Und die drei haben dir wirklich zugestimmt?

"Ich musste ja nur singen, so schwer war das nicht. Die kranke Bandleaderin starrte mich eine Zeit lang an und sagte dann: 'Einverstanden. Wenn du es bist, dann geht das schon.' Dann lächelte sie mich obwohl sie so erschöpft war noch herzhaft an."

Jeder in North High kennt Haruhi und weiß wie sie aussieht. Ihnen war vermutlich klar, was sie für ein Mädchen ist.

"Ich hab sie dann in das Auto eines Lehrers geschoben, das sie zum nächsten Krankenhaus bringen sollte. Danach hab ich mich ganz darauf konzentriert mir die Melodie und den Text zu merken. Wir hatten ja nur noch eine Stunde bis zum Auftritt."

Und was war mit Nagato?

"Hm, ich hätte keine Schwierigkeiten damit auch die Gitarre zu spielen, aber wir hatten ja keine Zeit mehr und ich war schon damit beschäftigt mir die Lieder zu merken. Deswegen entschloss ich mich dazu Yuki um Hilfe zu bitten. Weißt du was? Es gibt nichts was dieses Mädchen nicht kann!"

Natürlich weiß ich das. Sogar besser als du.

"Als ich sie fand, war sie gerade damit beschäftigt ihren Kunden die Zukunft vorauszusagen. Ich hab ihr alles erklärt und sie hat sofort zugestimmt. Es hat mich total überrascht, dass sie sich die Noten augenblicklich merken und dann perfekt spielen konnte. Ich frag mich wann Yuki so gut Gitarre spielen gelernt hat."

Sie hat wahrscheinlich genau in dem Moment damit angefangen, als du sie gefragt hast.



Am nächsten Montag, das war zwei Tage nach dem Vorfall und am ersten Montag nach dem Schulfest, passierte in der Pause nach der vierten Stunde Folgendes.

Haruhi saß hinter mir und schrieb fröhlich etwas in ihr Notizheft. Ich wollte nicht wissen was, selbst wenn ich es mir schon vorstellen konnte. Haruhi war so begeistert, dass der erste Indiefilm der SOS-Brigade überraschend gut ankam, dass sie sich schon emsig Gedanken über eine Fortsetzung machte. Es nervte mich schon alleine darüber nachzudenken, wie ich diese Gedanken aus Haruhis Kopf kriegen sollte.

"Hier ist jemand!"

Sagte Kunikida, als er von der Toilette zurückkam.

"Sie suchen nach Suzumiya-san."

Haruhi hob ihren Kopf, während Kunikida zur Tür zeigte. Als er seine Rolle als Bote beendet hatte, setzt er sich wieder schnell auf seinen Stuhl.

Vor der Tür standen drei feierlich blickende Mädchen. Eines von ihnen trug eine Schlinge um den Arm. Ich erinnerte mich an die beiden anderen ... sie waren die Bandmitglieder vom Konzert.

"Haruhi."

Ich zeigte mit meinem Kinn in Richtung Tür.

"Anscheinend wollen sie was von dir."

"Hm."

Überraschenderweise wirkte Haruhi zögerlich. Sie stand langsam auf, nur um sich dann nicht vom Fleck zu rühren. Am Ende sagte sie dann sogar: "Kyon, komm mit."

Wieso soll ich mit dir kommen? Ich hatte keine Chance mit ihr zu diskutieren, denn Haruhi zog mich dank ihrer unglaublichen Kraft an meinem Kragen zur Tür. Die drei Senpais kicherten sofort als sie uns so sahen.

Haruhi zwang mich dann neben ihr zu stehen.

"Ist deine Mandelentzündung besser geworden?"

Sagte sie zum Mädchen aus dem dritten Jahrgang, das ich vorher noch nie getroffen hatte.

"Ja, mir geht’s jetzt viel besser."

Sie strich sanft über ihren Hals und sagte dann mit schwacher Stimme: "Wir stehen für immer in deiner Schuld, Suzumiya-san."

Danach verbeugte sie sich tief. Die anderen Bandmitglieder taten es ihr gleich.



Ich fand heraus, dass die gesamte Schule (vor allem die Mädchen) zum Popmusikclub gestürmt ist und nach Kopien der Originalaufnahme verlangte. Das war auch der Grund weshalb die drei unterwegs waren. Sie verteilten gerade die Kopien.

"Unglaublich wie viele Bestellungen wir bekommen haben."

Als ich hörte wie viele es waren, hat mich das auch beeindruckt. Die Leute haben nämlich nicht die Version mit Haruhi und Nagato bestellt, sondern das Original. Das war ein ungewöhnlicher Welleneffekt.

"Das haben wir wirklich alles dir zu verdanken."

Die drei lächelten alle auf die gleiche Weise, als sie ihrem hilfreichen Kouhai dankten.

"Nur deswegen ist unsere ganze Arbeit nicht umsonst gewesen. Wir sind dir für deine Hilfe so dankbar. Suzumiya-san, du bist wirklich unglaublich. Dieses Schulfest war für unseren Popmusikclub die letzte Chance etwas Großes aufzuführen. Ich hätte es ja selber gemacht, wenn es möglich gewesen wäre, aber eine Vertretung zu finden ist besser als ganz aufzugeben. Wir sind dir einfach unendlich dankbar für deine Großzügigkeit."

Dieser ehrliche Dank der drei Senpais war mir unangenehm, obwohl es nicht mal ich gewesen bin, an den sich der Dank gerichtet hat. Warum muss ich hier neben Haruhi stehen und mich gemeinsam mit ihr in Verlegenheit bringen lassen?

"Wir möchten dir etwas schenken, um uns bei dir zu bedanken."

Nachdem die Bandleaderin das gesagt hatte, schüttelte Haruhi schnell ihre Hände: "Das ist nicht nötig, wirklich nicht. Es hat mir Spaß gemacht zu singen, die Lieder waren sehr schön. Das war wie Karaoke, nur dass eine Live-Band spielt. Deswegen würde ich mich unwohl fühlen, wenn ihr mir dafür ein Geschenk gebt."

Ich hatte das Gefühl, dass Haruhi komisch klang. Als ob sie diese Rede schon vorher geplant hätte. Andererseits wurde sie ihrem Bild gerecht, denn sie sprach sehr salopp mit ihren Senpais.

"Macht euch darüber also keine Gedanken. Wenn ihr jemanden danken wollt, dann geht zu Yuki. Sie hat sich extra bereit erklärt mir zu helfen."

Die drei erklärten, dass sie schon bei Nagato gewesen sind, um ihr zu danken.

Nachdem sie das getan hatten, nickte Nagato ohne eine Miene zu verziehen und zeigte dann still in Richtung Haruhis Klassenzimmer. Das konnte ich mir lebhaft vorstellen.

"Nun dann ..."

Sagte die Bandleaderin schließlich: "Wir haben vor, bevor wir von der Schule abgehen, noch ein weiteres Konzert zu veranstalten. Wenn du Lust hast kannst du kommen und ..."

Sie schaute mich vorsichtig an.

"Vergiss nicht deinen Freund mitzubringen."



Aber wie ist es möglich, dass die Originalversion so gefragt gewesen war?

Die Auflösung dieses kleinen Rätsels lieferte ein gewisser Jemand. Nur in solchen Momenten ist diese Klatschtante zu gebrauchen.

"Hast du irgendwelche Unterschiede zwischen Haruhis Stimme und dem Rest entdeckt? Oder um genau zu sein, den Unterschied zwischen Haruhis Teil plus Nagatos Gitarrenspiel und dem Bass plus Schlagzeug."

Koizumi fuhr fort: "Der Unterschied war so klein, dass man ihn kaum erkennen konnte. Sie haben so gut gespielt, dass niemand denken würde, sie wären nur eine provisorische Band. Suzumiya-san hat wirklich ein beeindruckendes Gespür für den Rhythmus. Sie musste sich das Originallied nur dreimal anhören, bevor sie es singen konnte."

Nagato war genauso beeindruckend. Sie hatte auf einem professionellen Niveau gespielt, aber andererseits ist das bei unserer zuverlässigen Göttin Nagato auch nichts Ungewöhnliches.

"Trotzdem hat sie aber nicht perfekt gesungen. Letztendlich waren das alles Lieder, die vom Popmusikclub selber komponiert wurden. Seine Mitglieder, die Tag und Nacht die Lieder geübt hatten, und Haruhi, die sich die Lieder nur dreimal angehört hatte, haben natürlich ein ganz anderes Verständnis für die Stücke."

Das ist ziemlich offensichtlich.

"Exakt. Mit anderen Worten spielte es keine Rolle wie gut die Bassistin und die Schlagzeugerin versuchten sich an Haruhis eigene Interpretation des Liedes und Nagatos Gitarrenspiel anzupassen; es würde immer irgendwelche Unstimmigkeiten geben. Das Publikum würde diese Disharmonien spüren, ohne zu wissen woher sie kommen. Es wäre eine Art unterbewusstes Gefühl."

Er ist immer so. Er versucht alles so zu erklären, als wäre es eine ganz große Sache. Musst du immer den Psychologen spielen?

"Das ist bei meiner Analyse herausgekommen. Du wirst es verstehen, wenn ich fertig bin. Beim zweiten und dritten Lied nahm das Gefühl dieser Disharmonie immer weiter zu, obwohl dem Publikum wie gesagt nicht bewusst war warum es dieses Gefühl hatte, bis dann das letzte Lied gespielt wurde. Denk mal darüber nach, was sagte Haruhi, bevor das Lied losging?"

Sie hatte dem Publikum erklärt, dass die Leadsängerin nicht spielen konnte und Haruhi und Nagato deswegen eingesprungen waren. Danach gab sie den anderen Bandmitgliedern das Mikrophon und ließ sie sich vorstellen. Das ist passiert.

"Und das hat gereicht. Das Rätsel wurde gelöst und alle Zweifel des Publikums waren verflogen. 'Ah ... deswegen hatten wir dieses komische Gefühl' Mehr mussten sie nicht wissen."

Wenn du es so willst, stimmt das wohl. Aber ich war noch immer nicht überzeugt.

"Suzumiya-sans Gesang und Nagato-sans Gitarrenkünste lagen weit über den Fähigkeiten, die Mitglieder eines Popmusikclubs normalerweise besitzen würden. Das Publikum hat sich wohl gedacht, dass wenn schon der Ersatz so gut ist, die richtigen Mitglieder noch viel besser sein müssen."

Deshalb wollten also so viele Leute Kopien von der Originalaufnahme.

"Suzumiya-san kann annährend perfekt singen. Trotz der Disharmonie hat sie etwas Gutes aus dem Konzert gemacht. Sie ist wahrlich unglaublich."

Kann schon sein. Für die drei Bandmitglieder des dritten Jahrgangs war Haruhi so was wie ein Erlöser.

Aber ... was ist sie für uns?

"Für uns? Was meinst du damit?"

Ich meine damit, was Haruhi für die Mitglieder der SOS-Brigade ist, die stets Opfer ihrer Ideen sind. Sag nicht, dass du glaubst bei ihren Ideen kommt „etwas Gutes“ heraus.

"Darauf kann ich dir keine Antwort geben. Sie muss bis zum Ende warten. Ja, wenn wir am Ende das Gefühl haben werden, dass es nicht so schlecht gewesen ist sie getroffen zu haben, dann wird es wohl ein Segen gewesen sein."



Als die Glocke den Anfang der vierten Stunde ankündigte, verließen die drei Senpais uns.

Haruhi setzte sich mit einem kaum zu beschreibenden Gesichtsausdruck wieder auf ihren Stuhl. Dieser Gesichtsausdruck änderte sich auch die ganze 4. Stunde nicht. Sie saß die ganze Zeit nur herum und war mit Tagträumen beschäftigt. Als die Essenpause begann, verschwand sie sofort aus dem Klassenzimmer.

Ich verbrachte die Essenspause damit mir zusammen mit Kunikida Taniguchis Entschuldigungen anzuhören: "Es stimmt. Da war kein einziges heißes Mädchen während des Schulfests. Ich denke, das hat mit der geographischen Lage unserer Schule zu tun. Die Schule liegt auf einem Hügel und weil es anstrengend ist ihn zu erklimmen, ist auch der Aufstieg zum Liebesglück so schwer." Dieses Gelaber ging ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus, immerhin war ich mit dem Essen beschäftigt. Als ich meine Mahlzeit beendet hatte, stand ich auf und ging.

Danach bekam ich - warum auch immer - Lust darauf etwas spazieren zu gehen.

Nachdem ich eine Weile ziellos durch die Gegend gelaufen war, führten mich meine Füße fast automatisch zum zentralen Hof. Dort auf dem grasbefleckten Hügel direkt vor dem Gang, der zum Gebäude mit den Clubräumen führt, sah ich Haruhi liegen.

Sie benutzte ihre Hand als Kissen für ihren Kopf und schien sich auf die Bewegung der Wolken über ihr zu konzentrieren.

"Yo."

Sagte ich.

Ich tat es ihr gleich und beobachtete schweigend die Wolken.

"Was ist los? Diesen Gesichtsausdruck hast du schon seit der letzten Pause."

"Was soll denn sein?"

Haruhis gab eine unverständliche Antwort und fuhr damit fort sich die Wolken anzuschauen. Ich tat es ihr gleich und beobachtete schweigend die Wolken.

Ich weiß nicht wie lange wir still blieben. Ich nehme an es waren mehr als drei Minuten, aber andererseits vertraue ich meiner inneren Uhr nicht besonders.

Am Ende dieser unnötigen Zeit der Stille, sagte Haruhi endlich etwas. Sie klang sehr steif, als ob sie Schwierigkeiten hatte ein Thema zu finden.

"Hm ... ich komme irgendwie nicht zur Ruhe, ich frag mich warum."

Ich erkannte sofort an ihrer Stimme, dass sie etwas beschäftigte. Ich sagte zaghaft lächelnd: "Woher soll ich das wissen?"

Es kommt daher, weil du es nicht gewohnt bist, dass dir jemand dankt. Ganz besonderes nicht wenn derjenige für dich ein Fremder ist. Und weil es das erste Mal gewesen ist, dass du etwas getan hast, für das sich jemand bei dir von Angesicht zu Angesicht bedankt. Du fragst dich vermutlich, ob du zu aufdringlich gewesen bist, als du deine Hilfe angeboten hast. Wärst du an ihrer Stelle gewesen, hättest du dich, selbst wenn deine Stimmbänder kaputt und deine Arme gebrochen wären, alleine durch deine pure Entschlossenheit auf die Bühne geschleppt. Egal wie sehr die Leute versucht hätten dich davon abzuhalten. Du würdest niemals daran denken andere um Hilfe zu bitten.

Letztendlich hast du nicht nur die Lage gerettet, sondern auch die Popularität des Popmusikclubs gesteigert. Und das alles nur, weil du dich gegen den Festvorstand gestellt hast. Die Dankbarkeit deiner Senpais war aufrichtig und kam aus tiefsten Herzen. Deshalb war deine Entscheidung vermutlich die zweitbeste, wenn nicht sogar die beste. Wie fühlt es sich an? Haruhi? Nun weißt du wie wichtig es ist denen zu helfen, die Hilfe brauchen. Warum legst du keinen Schwur ab, dich dein Leben lang für die anderen einzusetzen?

... doch nichts von dem sagte ich zu Haruhi. Ich machte nichts anderes als neben ihr zu liegen und in dem Himmel zu schauen. Man merkte, dass es langsam Herbst wurde, denn von den Bergen zog ein kalter Wind herüber und blies die dünnen Wolken fort.

Haruhi blieb auch still. Wahrscheinlich wollte sie mich mit ihrem finsteren Gesichtsausdruck nur ärgern. Ich glaube nicht, dass sie sich tatsächlich so gefühlt hatte.

"Und?"

Sie lag noch immer auf dem Gras, als sie sich mit einem durchstechenden Blick zur mir wandte.

"Willst du etwas sagen? Beeil dich und sag es! Es wird zwar irgendein unwichtiger Unsinn sein, aber man wird wahnsinnig, wenn man etwas zu lange für sich behält."

"Nein, es ist nichts", antwortete ich.

Haruhi setzte sich auf und nahm etwas Gras vom Hügel, das sie dann in meine Richtung warf. Aber anscheinend waren die Wettergötter auf meiner Seite, denn der plötzlich aufgekommene Wind blies das Gras direkt ins Haruhis Gesicht zurück.

"Verdammt!"

Nachdem sie das Gras aus ihren Mund gespuckt hatte, legte sie sich wieder hin.

Ich hob meinen Kopf und schaute in Richtung des Clubgebäudes. Dort am Fenster des Literaturclubs dachte ich zuerst eine kleine Gestalt mit kurzen Haaren zu erkennen, aber ich hatte mich wohl versehen. Es war ja normal, dass ich nichts sah.

Nach einem weiteren Moment der Stille, fing eine Stimme an mit sich selber zu reden.

"Es fühlte sich nicht schlecht an live zu singen. Obwohl ich mir für einen Moment Sorgen gemacht habe, dass ich es nicht hinkriege … aber es hat Spaß gemacht. Wie soll ich es sagen? Das war eine Atmosphäre, in die man richtig eintauchen konnte."

Wenn es dich glücklich macht in einem Bunny-Kostüm als Ersatz zu singen, dann musst du wirklich ein unendliche Menge Enthusiasmus haben, aber das wusste ich ja sowieso schon.

"Und es war auch lustig, dass es geklappt hat, obwohl der verletzte Senpai erst mit dem Festvorstand diskutieren musste."

"Ja."

Dieses herzliche Geständnis bewegte mich irgendwie. Dem Mädchen gelingt es immer wieder mich zu beeindrucken.

"He!"

Haruhi, die die ganze Zeit über ernst geblieben war, sprang plötzlich nach vorne und stoppte knapp vor meinem Gesicht. Ich wich instinktiv zurück und stolperte dabei. Genau in dem Moment zeigte diese launische Drama Queen ihr größtes Lächeln und hob ihre Stimme: "Kyon, welches Instrument kannst du spielen?"

Ein unheilvolles Gefühl ließ es mir kalt den Rücken runterlaufen. Ich schüttelte schnell meinen Kopf.

"Wüsste nicht, dass es da eines gibt."

"Lass uns für das Schulfest im nächsten Jahr eine Band aufmachen. Selbst wenn wir keine Mitglieder des Popmusikclubs sind, brauchen wir nur das Vorsingen zu bestehen, um etwas aufführen zu dürfen. Das schaffen wir mit links. Ich werde singen, Yuki spielt Gitarre und Mikuru-chan kann das Tamburin schwingen, um auf der Bühne für Stimmung zu sorgen. Gute Idee, was?"

Nein, das ist keine gute Idee!

"Wir müssen natürlich auch an der Fortsetzung des Films arbeiten. So sieht’s aus! Wir werden nächstes Jahr ganz schön beschäftigt sein. Wir müssen uns für das nächste Jahr mehr Ziele setzen als in diesem!"

Nun warte doch mal.

"Lass uns gehen, Kyon."

Warte, Stopp. Wohin gehen wir? Und was wollen wir machen?

"Uns Instrumente besorgen! Im Raum vom Popmusikclub werden wir wahrscheinlich ein paar gute finden und außerdem möchte ich die Senpais fragen, ob sie mir Tipps geben können, wie man ein Lied komponiert. Gute Dinge sollte man nicht aufschieben!"

Für dich mögen es vielleicht gute Dinge sein, aber nicht für mich! Aber Haruhi ignorierte meine Zweifel und griff meine Hand, nur um mich dann mitzuziehen …

Und sie machte sehr große Schritte.

"Mach' dir keine Sorgen, ich werde mich um die Musik und den Liedtext kümmern. Natürlich werde ich auch für das Editieren und die Tanzchoreographie zuständig sein!"

Seufz. Der seltsame Schalter, der nur in Haruhi existiert, wurde auf "ein" geschaltet und erschuf wieder mal seltsame Ideen. Selbst wenn mich Außerirdische entführt hätten, würden sie mich nicht so gewaltsam mit sich schleifen. Ich schaute mich nach jemanden um, der mich retten könnte.

Am Fenster vom Clubraum war immer noch niemand zu sehen. Der Gitarrenmaestro und außerirdische Magier war wahrscheinlich tief in ihre Welt der Bücher eingetaucht; immerhin ist der Herbst die beste Jahreszeit für das Lesen.

"Kannst du nicht alleine laufen? Nun komm schon, lass uns drei Schritte auf einmal machen, dann haben wir die Treppe im Nu geschafft!"

Haruhi drehte sich wieder um, ihre Augen funkelten vor lauter Vorfreude, und sie beschleunigte ihr Tempo, bis sie rannte.

Ich hatte keine andere Wahl als auch zu rennen.

Ihr fragt warum?

Weil es noch eine Weile dauerte, bis Haruhi meine Hand losließ.

(Ein Live (er)leben Ende)


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