Kino no Tabi Band 1 : Kapitel 6

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Ein friedliches Land -Mütterliche Liebe-[edit]

KNT V01 TOC C06.jpg

Durch die Wüste, auf einer einsamen Straße, fuhr ein einzelnes Motorrad (Anmerkung: Zwei-rädriges Fahrzeug. Kann nicht fliegen).


Zwei Berge erhoben sich rechts von ihm, und einer, weiter entfernt, links. SIe waren kahl, kein Bäume wuchsen auf ihnen. Die Straße war von dem selben Braun, wie das sie umgebene Land, und wäre sie nicht durch gelegentlich am Rand liegende Dosen eingerahmt gewesen, man hätte sie schwerlich von der Wildness unterscheiden können.


Dass Motorrad war schnell auf solchen Straßen, egal, wie ungleichmäßig sie waren, es wirbelte lange, dicke Wolken aus Staub und Erde auf. Hätte sich der Fahrer umgedreht, er hätte wahrscheinlich nichts erkennen können.


Das Reisegepäck war vollständig auf den Gepäckträger des Motorrads geladen. Tasche und der Schlafsack waren mit Bändern und Netzen zusammengebunden, an dem Netz hing ein silberner Becher, er schwang hin und her.


Der Fahrer trug einen Mantel von der selben Farbe wie die Erde, hatte ihn um die Hüfte gewickelt, damit er nicht im Wind flatterte. Auf dem Kopf saß eine Mütze, wie eine Pilotin sie getragen hätte. Sie hatte vorne ein Visier, und an der Seite waren Ohrenklappen, unter dem Kinn zusammengeknotet. Über den Augen saß eine Pilotenbrille mit Silberrahmen, der bereits abblätterte, und der Teil des Gesichts, den die Brille nicht bedeckte, lag unter einem Stoffbandana, um den Fahrer des Motorrad's vor dem Wind und dem Staub zu schützen. Der Gesichtsausdruck der Person war also noch nicht zu erkennen, nur ihre dünne Statur war schon offensichtlich.


Der Fahrer bemerkte etwas und drosselte die Geschwindigkeit des Motorrads, die Wolke aus Erde die hinter ihnen tanzte, fiel in sich zusammen. Dann hielt der Fahrer ganz an, sah sich an, was da am Straßenrand lag. Sie bedeckten den Boden, auf beiden Seiten der Straße, wie ein Teppich.


"Was... was ist das denn?",


fragte das Motorrad.


"Leichen. Kein Zweifel.",


sagte der Fahrer.


Die Dinger waren braun und überall, in Bergen aufgestapelt. Auf den ersten Blick konnte man sie für getrocknetes Holz halten.

Wären da nicht die zerschrumpelten Köpfe und Gliedmaßen gewesen. 

Viele von ihnen waren zerstückelt, lagen nur zur Hälfte da, ab und zu lag ein Arm alleine. Die Sonne hatte sie ausgetrocknet, hatte Mumien aus ihnen gemacht. Sie kamen in allen Größen und Varianten und es gab so viele von ihnen, man sah den Boden unter ihnen nicht.


"Das war mir auch klar, Kino. Ich wollte wissen, warum sie hier sind, und warum so viele. Das ist merkwürdig."


"Ich weiß es nicht, Hermes. Vielleicht ist das hier eine Art Friedhof.",


antwortete der Fahrer grob, den Hermes Kino genannt hatte.


Das Motorrad, genannt Hermes, antwortete daraufhin: "Oh, ich verstehe", und sagte scherzhaft,


"Aber wenn es ein Friedhof wäre, müssten die Leichen dann nicht vergraben sein? Ich bin mir sicher: Das hier sind Vorräte."


"Vorräte?"


"Genau. Das Fleisch bleibt länger haltbar, wenn man es trocknet. Wenn sie hungrig werden, kommen sie hierher und holen sich einen Snack. Und wenn ich Sie sage, dann meine ich natürlich die Bewohner des Landes, auf das wir zufahren. Diese Dinger sind wie die Junkies in deiner Tasche, Kino."


"... die Jerkies?"


"Ja, die.",


sagte Hermes. Er war einen Moment still, und sagte dann, munter,


"Und so wurde Kino gefangen und gegessen! Vom Land der Kannibalen! Junges, frisches Fleisch ist schließlich besser. Also, deins ist wahrscheinlich ziemlich sehning, aber das wird schon, wenn sie dich lang genug kochen."


"......."


"Und so kam unsere Reise zu ihrem Ende! Was ein Schande, ich wollte ein bisschen weiter rennen!"


Kino wartete einen Moment, und sagte dann,


"Hermes, dir ist super langweilig, oder?"


"...Jup."


"Halt ein bisschen länger durch. Wir sind bald da.",


Kino fuhr wieder los. Die Leichenberge fankierten ihren Weg noch eine Weile.


=[edit]

"Was soll das denn für ein "bald" gewesen sein? Es ist schon Mittags..."


Gerade als Hermes begann, sich zu beschweren, kamen Mauern in Sichtweite. Kurz danach erreichten sie das Tor. Auf ihm stand geschrieben: [ WILLKOMMEN IN VELDELVAL].


=[edit]

KinoNoTabi-Volume-1-Chapter-5-2.jpg


"Willkommen in Veldelval. Es ist schon eine Weite her, dass wir einen Besucher hatten.",


sagte der Wache stehende Soldat, salutierte, lächelte.


"Ich bin Kino. Das ist mein Partner, Hermes. Wir sind zum Besuch da.",


Kino hielt dem Soldat einen Passierschein hin. Der Soldat nahm ihn-- mit beiden Händen-- entgegen, und fütterte ihn in eine Maschiene. Die spuckte den Passierschein wieder aus, und der Soldat gab ihn Kino zurück, wieder mit beiden Händen.


"Überhaupt kein Problem. Wie lange würdet ihr gerne bleiben?"


Kino sagte, sie würden drei Tage bleiben, dass Land also übermorgen verlassen. Der Soldat versicherte ihnen, sie könnten auch gern länger bleiben, wenn sie wollten, und schrieb etwas in ein Dokument. Dann fragte er,


"Führst du Persuader (Anmerkung: Feuerwaffen) mit dir?"


"Ja."


Kino hatte den Mantel abgenommen und über Hermes ausgebreitet. Unter dem Mantel war eine schwarze Jacke, Kragen aufgeschlagen. Um die Hüfte trug Kino einen dicken Gürtel, an dem mehrere kleine Taschen befestigt waren.


Aus dem rechten Holster nahm Kino die erste Pistole, platzierte sie auf dem Tresen, griff dann nach mit der linken Hand nach hinten, und holte eine zweite hervor. Die Augen des Soldaten weiteten sich.


"Also das ist jetzt eine Überraschung, Kino. Das du solche Waffen besitzt..."


Der Soldat bewunderte die Pistolen.


Die Waffe, die Kino zuerst hervorgeholt hatte, war ein Single-Action Revolver, den man einzeln, zuerst mit Schießflüssigkeit, und dann mit Kugeln laden musste. Sah man genauer hin, konnte man erkennen, dass er schussbereit war. Kino nannte ihn Kanone. Die zweite war eine halbautomatische Pistole mit dünner Silhouette, geladen mit .22LR Randfeueraptronen. Es war offensichtlich, dass beide bereits ausführlich gebraucht worden waren. Trotzdem waren sie weder schmutzig, noch nachlässig geölt.


Der Soldat fragte, aus einem Impuls heraus,


"Wenn es dir nichts ausmacht, Kino, welchen Rang hast du?"


"Schwarzer Gürtel, vierter Dan."


Es war Hermes, der prompt geantwortet hatte, nicht Kino.


"Wow... Respekt. Dann wird es kein Problem sein, wenn du die Waffen bei dir hast. Ich bin mir sicher, du wirst sie sowieso nicht gebrauchen, unser Land ist sicher. Davon mal abgesehen, willkommen in unserem Land, Kino und Hermes. Wir hoffen, euer Aufenthalt hier ist ein Angenehmer. Hier ist eine Karte von unserem Land, möge sie euch helfen."


"Vielen Dank", sagte Kino, steckte die Pistolen wieder ein und nahm die Karte entgegegen. Der Soldat salutierte und Kino schob Hermes durch das Tor.

=[edit]

Von dem Moment an, von dem sie das Land betraten, umgab sie eine Menschenmenge, Kino trat instinktiv einen Schritt zurück in Richtung Tor. Männer und Frauen, Kinder und alte Leute blickten auf Kino und Hermes und riefen lächelnd: "Danke, dass ihr gekommen seid!" "Schön, dass ihr hier seid!" Manche spielte auf Instrumenten, ein paar hatten begonnen zu tanzen.


Hermes flüsterte, so leise, dass nur Kino es hören konnte,


"Argh, sie werden uns doch aufessen. Sehen alle so hungrig aus."


=[edit]

Kino fragte die Anwohner, ob es ein Hotel gäbe, nicht zu teuer, mit Platz für Hermes und einer Dusche. Einer schlug eine Hotel südlich von ihnen vor, aber ein anderer widersprach, es sei zu teuer, andere fielen in die Diskussion ein. Die Debatte dauerte eine Weile.


Das Hotel, was schließlich gewann, stand neben einem sehr alten Gebäude, dass auf einem Schild verkündete, es wäre das Museun für Geschichte. Zuerst ließ man Kino nicht rein, ein Angestellter sagte ihnen, sie sollten sich zuerst saubermachen, den Mantel und das Gepäck abstauben und Hermes mit dem Wasserschlauch am Eingang abzuspritzen. "Das ist ein guter Zeitpunkt, meine Zündkerze zu wechseln, meinst du nicht, Freund Kino?", sagte Hermes, aber Kino ignorierte ihn.


Schließlich gingen sie hoch, Kino duschte und wechselte die Klamotten. Das Hotelrestaurant servierte eine Art Fisch, der Kino zwar unbekannt, der aber auch sehr lecker war.


=[edit]

"Du bist also der Besucher, der heute angekommen ist? Warst du schon im Museum für Geschichte?"


"Du solltest das Museum für Geschichte besuchen. Verbring einen halben Tag dort, und du wirst alles wissen, was es über dieses Land zu wissen gibt."


"Die Museumsführerin dort ist sehr nett. Sie wird dir viel über unsere Geschichte beibringen, da bin ich mir sicher.


Kino wanderte durch die Stadt, Hermes, ohne Gepäck oder Mantel auf seinem Sitz neben sich her schiebend. Jeder und alle, mit denen sie sprachen, schlug vor, dass sie das Museum für Geschichte besuchten. Und immer, wenn sie nach interessanten Orten fragten, bekamen sie immer die gleiche Antwort: "Das Museum für Geschichte.".


Schlussendlich entschieden sie, wenn auch etwas widerwillig, dass sie zum Museum der Geschichte gehen sollten.


Als sie auf sie am Hotel vorbeikamen, rief ihnen ein Angestellter hinterher: "Ihr solltet das Museum für Geschichte besuchen!" Und als sie antworteten, sie seien gerade auf ihrem Weg, da rannte dieser ins Hotel zurück und kam mit Rabattkarten heraus.


=[edit]

Das Museum für Geschichte war traditionell gebaut, bestand aus vielen Bögen und Säulen. Der Eingang war sehr dunkel, aber dahinter lag ein helles und weillfäufiges Innere.


Kino kaufte die Tickets und ging hinein. Eine Frau kam ihnen entgegen und begrüßte sie. Ihr Haar war schon weiß, aber sie war immer noch schlank und ging mit geradem Rücken. Sie schien eine freundliche, weise Person zu sein. Sie sprach mit einer Stimme, die das deutliche, kontrollierte Sprechen gewohnt war.


"Willkommen, liebe Besucher, in unserem Museum für Geschichte. Ich bin die Museumsführerin."


"Guten Tag. Ich bin Kino, und das ist mein Partner, Hermes."


Kino stellte sich vor, und Hermes begrüßte die Frau ebenfalls höflich.


=[edit]

Für eine Weile danach führte sie die Frau durch das Museum. Es gab keine anderen Besucher.


Damit auch Menschen in Rollstühlen sich durch das Museum bewegen konnten, war es mit Rampen ausgestattet, und alle Ausstellungsstücke waren niedrig platziert. Kino konnte Hermes also für die ganze Tour bei sich behalten.


Alles in dem Museum war detailliert, liebevoll gestaltet, seien es Karten die zeigte, wie das Land entstanden war und sich dann ausgebreitet hatte, oder nachgebildete historische Werkzeuge. Sogar eine Kopie der allerersten gedruckten Zeitung gab es.


Die Erklärungen waren einfach zu verstehen, das Museum kombinierte Text, Musik, und Bilder, um die Geschichte des Landes erfahrbar zu machen. Selbst die Worte, die Kino und Hermes nicht lesen konnten oder verstanden, erklärte ihnen die Museumsführerin. Kino sah sich alles sehr genau an.


=[edit]

Schließlich kamen sie zu dem Abschnitt für [MODERNE GESCHICHTE].


Und hier veränderte sich plötzlich der Ton der Austellun.

Wo es bisher um das alltägliche Leben von Menschen und um die Kultur des Landes gegangen war, waren die Austellungsstücke jetzt hauptsächlich Waffen, Rüstung, Bilder von Schlachtfeldern, und alles andere, was mit Krieg zu tun hatte.


Am Eingang des Abschnitts stand: [BEGINN DES KRIEGES MIT DEM NACHBARLAND – DIE EPOCHE DES GEMETZELS].


"Ab hier geht es um die Geschichte unserer Kriege.",


sagte die Museumsführerin, ihr Gesichtsausdruck unverändert.


=[edit]

Für viele Jahre war dieses Land ständig im Krieg mit seinem Nachbarland gewesen.


Die zwei Länder waren komplett unterschiedlich, andere Religion, Traditionen, Hautfarbe, Sprache-- alles. Es war zu einfach für sie, sich gegenseitig zu Misstrauen, und als einmal ein Krieg ausgebrochen war, gab es kein Zurück.


Beide Länder planten, das jeweils andere zu vernichten. Deshalb wurde der Krieg geführt.


Jedoch, dazu kam es nie, kein Land konnte das andere zerstören.


Es gab unzählige Schlachten in der Wüste, aber der Gewinner hatte nie genug Resurcen, um in das andere Land einzufallen.


Es gab eine Pause zwischen den Schlachten, und dann, wie als hätten sie sich erinnert, dass sie sich hassten, begannen die Armeen auf ein neues, zu marschieren.


Und sie kämpften weiter, brauchten den Reichtum ihrer Nationen wieder und wieder auf, und doch gab es nie einen eindeutigen Gewinner.


Dieser Konflikt hatte vor hundertneunzig Jahren begonnen.


=[edit]

"Ich verstehe. Die Mumien in der Wüste, sind das vielleicht Opfer aus euren Kriegen?",


frage Hermes, und die Frau antwortete,


"Nein, wir verbrennen unsere Toten. Unser Nachbarland tut dasselbe."


Bevor Hermes fragen konnte, was sie dann waren, fragte Kino, die Austellungsstücke betrachtend,


"Frau Museumsführerin, diesem Text hier entnehme ich, dass die Epoche des Krieges vor 15 Jahren geendet hat? Und wenn ich mir ihr Land so anschaue, scheint es ziemlich stabil und sicher zu sein, oder? Es ist 'ne Weile her, dass wir in so einem friedlichen Land waren.


"Ja, so ist es. Aktuell ist dieses Land tatsächlich sehr stabil. Ich schätze, dass konntest du sehen, indem du einfach nur die Menschen betrachtet hast... wie von einem Reisendem zu erwarten.",


sagte die Frau.


"Bedeutet das, es gibt keinen Konflikt mehr mit dem Nachbarland?"


"Das stimmt. Wir interagieren immer noch nicht viel, aber wir bringen uns auch nicht mehr gegenseitig um."


Kino drehte sich zu der Frau um und fragte,


"Wenn es ihnen nichts ausmacht... Was ist vor fünfzehn Jahren passiert, das die Kriege plötzlich aufgehört haben?"


Die Frau sah Kino an. Kino sah die Frau an.


Einen Moment war Stille, dann lächelte die Frau und sagte,


"Darum geht es im nächsten Abschnitt. Wir haben allerdings nicht mehr viel Zeit, bis das Museum schließt. Wann fahrt ihr, Kino, Hermes?"


"Übermorgen. Wir haben morgen den ganzen Tag Zeit."


Die Frau sagte,


"Wenn das so ist, dann würde ich deine Frage gerne morgen beantworten. Kannst du den ganzen Tag freihalten?"


"Klar kann ich das. Was ist mit dir, Hermes?"


"Ich bin ok damit und so, aber was werden wir sehen?"


Die Frau sagte,


"Krieg. Mit den Nachbarland."


"Krieg? Ich will aber nicht in einer Schlacht sein...",


antwortete Hermes sofort, er war nicht begeistert von der Idee.


"Da musst du dir keine Sorgen machen. Es ist nur formal gesehen ein Krieg, es wird auf keiner Seite Blutvergießen geben. Wenn ihr den Krieg morgen seht, werdet ihr verstehen, wie wir den Frieden erreichen konnten."


=[edit]

Kino erwachte am Morgengrauen, machte Übungen mit den Waffen und hielt sie instand. Dann, während des Frühstücks im Hotelrestaurant, bemerkte Kino, dass die Straßen heute außergewöhnlich gefüllt waren, sowohl mit Menschen als auch mit durch die Straßen schwebenden Fahrzeugen.


Auch Hermes beobachtete die vorbeiziehende Flotte an Hovees (Anmerkung: Abkürzung für Hover-Vehicle. In diesem Fall: Fliegende Autos) mit Interesse.


Bald danach wurden Kino und Hermes von einem jungen Soldat abgeholt, der von der Museumsführerin die Verantwortung für sie übertragen bekommen hatte. Sie gingen zur Plaza im Stadtzentrum.


Auf der Plaza waren drei dutzend graue Hovees, ordentlich in Reih und Glied aufgestellt. Die Hälfte von ihnen waren mit Maschienengewehren ausgestattet, an beiden Seiten, sie waren geladen mit Patronengürteln.


Kino and Hermes wurden in eins der Hovees geführt, auf dem außen [BESUCHER] stand. Zuerst hatten sie Schwierigkeiten damit, Hermes reinzubekommen, aber dann improvisierten die Soldaten eine Rampe aus metallenen Ersatzplatten. Die Zuschauer, die sich um die Hovees versammelt hatten, jubelten die ganze Zeit über.


Unter noch mehr Jubel und Fanfaren flogen sie los.


=[edit]

Auf dem Weg stoppte die Flotte einmal, für ein frühes Mittagessen, und glitt dann weiter durch die braune Wüste. Sie überquerten vier Berge, bevor sie wieder anhielten.


Nach einer kurzen Wartezeit erschien in der Ferne eine zweite Flotte aus ähnlichen Hovees. Auch sie hatten Maschienengewehre, auch sie stellten sich in einer ordentlichen Formation auf.


Ihre Militäruniform war komplett anders, anderes Design, Farben, sogar was sie trugen war anders, Röcke statt Hosen.


"Das ist die Relsumianische Verteidigungsarmee.",


klärte der junge Soldat sie auf.


"Relsumia-- ist das das Land, mit dem ihr seit fast zweihundert Jahren Krieg führt?"


fragte Hermes, und der Soldat antwortete,


"Ja. Jetzt beginnt der nächste Krieg."


Dann fügte er hinzu,


"Aber macht euch keine Sorgen. Wir sind sicher; auf keiner Seite wird jemand sterben. Schießlich ist das hier nicht die alte Art von Krieg."


=[edit]

Die Sonne erreichte ihren Zenit.


Die Hovees beider Flotten-- nur die mit Maschinengewehren-- brachen aus der Formation aus und formten eine neue, symetrische Doppelreihenformation. An der Spitze befand sich ein besonders prunkvoll ausgestattetes Schiff.


Auf diesem stand ein Priester, so sah er zumindest aus, der begann, eine Rede zu halten.


"Der einhundertfünfundachtzigste Relsumia-Veldelval-Krieg soll nun beginnen! Die Regeln sind dieselben wie immer!"


Sein Schiff rückte aus, und die beiden Reihen Hovees folgten ihm, immer noch in Formation.


"Wir müssen auch weg. Bitte haltet euch fest.",


sagte der Soldat, und die restlichen Hovees stiegen nach oben, dem Rest der Flotte folgend.


Bald holten sie zum Rest der Flotte auf. Sie flogen noch eine Weile, über eine sanfte Anhöhe, und hielten wieder an.


"Da ist es-- kannst du es sehen?"


Der Soldat zeigte auf eine großes Dorf in der Ferne.


Das Dorf war neben einer Oase errichtet, es bestand fast ausschließlich aus Lehmhäusern. Sie waren ohne erkennbares Muster verstreut, es gab keine Straßen oder Wege, die sie miteinander verbanden.


Die Bewohner trugen einfache Kleider und nutztem primitive Werkzeuge. Sie schienen die Hovees nicht zu bemerken.


"Das sind die Ureinwohner, die Tatata. Bitte schaut nach Norden."


Der prunkvolle Hovee war fast zu Erde geschwebt, flog mit hoher Geschwindigkeit auf das Dorf zu.


Er sprühte auf den Boden, einmal durch das ganze Dorf, eine rote Linie, sie verlief von Norden nach Süden. Tatata kamen aus ihren Häusern gerannt, überrascht und verängstigt.


"Jetzt beginnt der "Krieg". Die Ostseite ist unser "Schlachtfeld", und die Westseite ist Relsumia's."


Beide brachen Flotten ihre Formation und flogen in Richtung der Siedlung. Sie begannen zu schießen.


Ein schrilles Knattern ertönte, und die ersten Tatata wurden abgeschossen. Die Hovees flogen gerade so niedrig, dass sie nicht in die Hütten krachen würden, und schossen auf alles was sich bewegte.


Ein junger Mann versuchte in ein Haus zu fliehen, aber er war zu langsam, wurde entdeckt und erschossen. Das Sperrfeuer setzte sich in Richtung seines Hauses fort, es stürzte ein.


Der Hovee drehte sich, und mehrere Frauen und Kinder rannten in Richtung des nächsten Hauses, auch sie wurden abgeschossen. Eine Frau versuchte, den Körper ihres Kindes mit ihrem zu schützen, die Kugeln durchbohrten sie, der Kopf ihres Kindes flog weg.


Ein besonders schneller Mann rannte an einem anderen Hovee vorbei, aber der Pilot drehte ihn und schoss Kugeln in seinen Weg, der Mann fiel zu Boden, Mehr Kugeln trafen auf seinen Körper, und er platzte auf wie ein Ballon, spritzte Blut, so viel Blut, überall hin, auf den Boden, auf die anderen Leichen der Tatata.


"Super! Er macht das großartig!"


Der Soldat neben Kino und Hermes streckte seine Faust freudig in die Luft. Dann erschien ein verlegenes Grinsen auf seinem Gesicht.


"Ah, 'tschuldigung... Der Pilot der gerade einen Punkt gemacht hat war mein großer Bruder. Er war schon immer gut in "Krieg".",


sagte er und setzte nach, als wäre es ihm gerade erst eingefallen, dass er wahrscheinlich fragen sollte,


"Sollen wir ein bisschen weiter runtergehen? Dann könnt ihr besser sehen."


Kino sagte,


"Nein, danke. Hier oben ist ok."


Der Soldat sagte irgendwas von verständlich, Querschläger könnten einem schon Angst machen, und sah zurück auf das Schlachtfeld.


Die Schüsse hörten nicht auf.


Die Hovees feuerten jetzt auf die Tatata, die in in Richtung der Oase geflohen war. Die Oase war, genau wie das Dorf, mit einer roten Linie getrennt worden, und die Piloten achteten sorgsam darauf, nur Menschen auf ihrer Seite abzuschießen. Bald waren alle Bäume zerstört und mit Blut bespritzt.


Einige Leute sprangen in den Teich in der Mitte der Oase, auch sie wurden abgeschossen, das Wasser füllte sich mit Kugeln und Blut und mit undefinierbaren Fleischklumpen, die irgendwann mal Menschen gewesen waren.


Kino drehte sich weg und sah, wie ein junger Mann eine Axt auf einen der Hovees warf. Sie traf den Soldaten am Maschienengewehr am Bein. Der schoss zurück, der Oberkörper des Tatata wurde zerfetzt, teilte sich in zwei, roter Nebel stieg auf. Der Soldat rollte vom Sitz, wurde abgelöst.


An den Grenzen des Dorfes patroullierten Hovees hin und her, schossen die ab, die zu fliehen versuchten. Alle erwischten sie nicht, dafür waren es zu viele. Die, die es nicht erwischte rannten um ihr Leben, und die Hovees folgten ihnen nicht. Bald waren sie verschwunden.


Ein Hovee überflog das Dorf sorgfältig und schoss auf alle Körper, die nicht blutig genug aussahen. Bald gab es niemanden mehr im Dorf, der sich nur totgestellt hatte.


Irgendwann bewegte sich dann nichts mehr im Dorf. Letztendlich hörten auch die Schüsse auf, beinahe zumindest.


Der prunkvolle Hovee flog durch die Sieldlung, jemand blies eine Trillerpfeife. Die Hovees hörten endgültig auf zu schießen, und kehrten in ihre Formationen zurück.


"Zeit ist um. Der "Krieg" ist vorbei.",


sagte der Soldat, und die Hovees, die nicht an dem Gemetzel teilgenommen hatten, schwebten Richtung Boden.


"Das sind die Zähler. Sie sammeln die Körper auf und wiegen sie. Das Land mit dem meisten Abschuss ist der Gewinner. Es ist üblich, dass wir an einem Treffpunkt warten, also fliegen wir sofort los, in Ordnung?"


Kino nickte. Der Geruch von Blut stieg vom Dorf zu ihnen herauf.


=[edit]

Die Hovees kehrten zum Treffpunkt zurück, und beide Flotten warteten auf die Zähler.


Die Soldaten waren gut gelaunt, strahlten regelrecht. Bis dahin hatten sie kein Wort mit den Soldaten des anderen Landes gewechselt, aber jetzt saßen sie zusammen und lachten gemeinsam. Auch die Offiziere teilten sich einen Tisch und unterhielten sich freundlich.


Der Soldat, der die Axt in's Bein bekommen hatte, tauchte irgendwann wieder auf, verlegend lächlend, Bein bandagiert. Die anderen Soldaten applaudierten und jubelten ihm zu, er bekam irgendeine Art Orden überreicht, die Soldaten jubelten noch mehr.


Endlich kamen die Zähler zurück. Die Hovees waren voll mit Leichen, Blut tropfte von ihren Decks runter auf die Erde.


=[edit]

Derselbe Mann, der den Anfang des Krieges verkündet hatte, stand an Deck seines Hovees und rief,


"Ergebnis: Zehn zu Neun! Sieger des Hundertfünfundachtzigsten Krieges: Veldelval!"


Die veldelvalianischen Soldaten begannen zu jubeln. Die Relsumianer waren zwar enttäuscht, erholten sich aber bald wieder und salutierten vor den Gewinnern, die salutierten zurück.


Dann machten sich beide Flotten auf den Weg zurück, die Soldaten winkten einander mit ihren Hüten zu.


Der Soldat, der Kino und Hermes begleitete, verbarg seine Aufregung nicht:


"Wir ham's geschafft! Kino, Hermes, dass wird das Stadtgespräch sein, wenn wir zurückommen! Ahh, wie schön-- oh, ein Tipp for euch, wenn ihr noch irgendwas aus braucht, kauft es am besten heute. Alle werden in Feierstimmung sein, und ihr bekommt bestimmt großartige Rabatte!"


"Hey, kann ich dich was fragen?"


Hermes sprach den Soldaten an.


"Klar, frag drauflos!"


"Was macht ihr mit den Leichen? Ihr werdet sie nicht mit nach Hause nehmen, oder?"


"Oh nein, natürlich nicht. Wir haben eine Müllhalde östlich des Landes. Da kommen sie hin."


"Ach wirklich? Dacht' ich mir schon... Dann ist das Mysterium der Mumien ja gelöst, was, Kino?"


=[edit]

Kino erwachte, wie immer, bei Morgengrauen.


Die Stadt war still.


Noch am Abend zuvor hatte sie ihren Sieg gefeiert, überall Menschen auf den Straßen, Alkohol, Musik und noch mehr Jubel.


Der Soldat hatte recht gehabt, der alte, betrunkenen Ladenbesitzer hatte Kino Vorräte für fast nichts verkauft. Kino kaufte so viel, dass Hermes warnte, "So viel kann ich nicht tragen." Dann kehrten sie ins Hotel zurück. Außer ihnen war es leer.


Zuerst nahm Kino eine Dusche, machte dann Übungen mit den Pistolen und hielt sie in Stand. Dann überprüfte Kino das Gepäck, und aß alte Rationen zum Frühstück.


Die Sonne war ein gutes Stück über dem Horizont, als Kino Hermes aufwachte. Er war noch schläfrig, aber plötzlich hellwach, als Kino erwähnte, dass sie nochmal zum Museum gehen würden.


Kino schob Hermes durch die Straßen, um die Stadt nicht aufzuwecken.


Am Eingang des Museums lag ein Soldat, er schlief, eine Weinflasche im Arm. Er hatte wohl die Nacht durchgefeiert. Jemand hatte ihn mit zwei Decken zugedeckt.


Sie betraten das Museum leise, und die Museumsführerin begrüßte sie.


"Guten Morgen, Kino und Hermes. Danke, dass ihr uns wieder besucht."


"Guten Morgen. Wir wollen den Teil des Museums sehen, denn wir gestern verpasst haben. Wir hätten gerne zwei Tickets.",


sagte Kino, aber die Frau antwortete,


"Heute ist die Tour kostenlos. Schließlich ist Feiertag, zum Gedenken an den Krieg."


Sie führte Kino und Hermes durch die Ausgangsseite. Die Lichter waren noch nicht eingeschaltet, sie bahnten sich ihren Weg durch einen schwach beleuchteten Korridor. "Bitte, geht vor.",


sagte die Frau, und schaltete die Lichter ein, die einzelne Austellungsstücke beleuchteten.


Das Schild bezeichnete diesen Abschnitt ihrer Geschichte als [WEITERENTWICKLUNG DES KRIEGES - FRIEDLICHE KOEXISTENZ]. Die Frau fragte,


"Ich nehme an, ihr habt den "Krieg" gestern gesehen?"


Hermes antwortete sofort,


"Ja. Und das Mumienmysterium haben wir auch gelöst."


"Verstehe,", die Frau nickte, und sah Kino an, als erwarte sie eine Antwort.


"Ist es das, was du und deine Leute einen Krieg nennen? Ich hab gestern keinen Krieg gesehen. Was ich gesehen hab war ein Massaker, ein Massaker an den hilflosen Tatata."


Kino's Mine war unverändert, der Tonfall ebenso, ausdruckslos. Es war keine Verurteilung, auch kein Ausdruck von Wut oder Abscheu.


Die Frau sagte,


"Das ist wahr... Von dem, was du gestern gesehen hast, musst du es wohl so sehen. Aber das ist unser "Krieg"."


"Wie ist es so gekommen? Wenn es dir nichts ausmacht, hätte ich gerne mehr Erklärung als das."


Kino klang wie ein Schüler, der einen Lehrer nach etwas fragt, dass er nicht versteht.


Die Frau schaltete das letzte Licht ein.


"Wie ihr vorgestern gesehen habt, die Kriege zwischen unseren Ländern schienen nie aufzuhören."


Die Frau schaltete einen Fernseher an, der Schriftzug [ZWEI MINUTEN AN DER FRONT] erschien, dann begann ein Film.


Mehrere Soldaten, sichtbar verängstigt, in einen Schützengraben in der Wüste gezwängt, sie klammerten sich an ihren Gewehren fest. Eine Pfeife ertönte und sie duckten sich. Einen Moment lang verschwand der Ton, das Bild wackelte, Staub wirbelte auf. Einer der Soldaten schien zu schreien. Dann, alle gleichzeitig, stürmten die Soldaten aus dem Schützengraben und rannten vorwärts. Die Kamera folgte ihnen, zeigte die Rücken der Soldaten während sie rannten. Jetzt hörte man die Soldaten schreien. Und man hörte auch die Schüsse. Einer der Soldaten wurde getroffen, sein Oberkörper wurde zerfetzt, trennte sich von den Beinen.


"Für viele Jahre brach immer wieder Krieg aus, kein Ende in Sicht. Er kostete unzählige Leben. Der Soldat, den es gerade erwischt hat, war mein Ehemann."


Der Film wurde plötzlich verzerrt, der Ton verschwand, der gesamte Bildschirm wurde dunkel und dann war nur noch Rauschen.


Die Frau machte den Fernseher aus, wartete, bis sie Kino's Aufmerksamkeit hatte, und sprach dann, in dieser beruhigenden, angenehmen Stimme,


"Ich erinnere mich an die Kriege. Ich erinnere mich an alles. Ich hatte vier Söhne. Sie waren mein ganzer Stolz, nichts konnte sie ersetzen. Nachdem ich meinen Mann verloren hatte, lebte ich nur für sie."


"......"


"Aber als der Hundertneunundsechzigste Krieg begann, gingen sie alle zur Armee, einer nach dem anderen, um ihren Vater zu rächen. Der erste der starb war Sotos, mein zweiter Sohn, ein Scharfschütze erschoss ihn. Am Tag darauf Datos, er trat auf eine Landmine, sie fanden nur Stücke von ihm."


Ein Foto wurde an eine Wand projiziert.

Es war ein von Bild der Frau, der Museumsführerin, als sie noch jung gewesen war, mit langem Haar. Sie war umgeben von ihren vier Kindern, alle fünf lächelten, die Söhne hatten sehr weiße Zähne.


"Utos, mein ältester, blieb an der Front, um seine Kameraden zu retten, unsere eigene Artillere sprengte ihn und den Gegner in die Luft. Yotos, mein jüngster, lief von Zuhause weg, sagte, er würde für seine Brüder kämpfen und dass er zurückkommen würde. Er kam nicht zurück. Er war neun."


Die Frau sprach, als würde sie das Gesagte nicht wirklich betreffen, sie schien zu lächeln unter dem dimmen Licht.


"Der Krieg hatte keinen Sieger. Wie immer. Wir wussten nur eins mit Sicherheit: Der nächste Krieg würde kommen. Ich sah keinen Sinn in diesem ewigen Kreislauf der Gewalt. Warum taten wir all dies, wenn es doch zu nichts führte? Ich hatte vier Kinder und einen Ehemann gehabt, und ich habe sie alle verloren. Für diese Leistung ernannte man mich zum Ehrenbürger. Diese Position nutzte ich. "Lasst uns die Kriege beenden", sagte ich."


"......"


"Natürlich endeten sie nicht. Wäre das genug gewesen, sie hätten sie angefangen. Ich dachte nach, was eine Alternative zu Krieg wäre, und machte letztendlich einen Vorschlag."


"Die Tatata abzuschlachten, oder? Das war deine Idee?"


"Ja, war sie. Die Tatata spielen den Part des Opfers, welche Seite am meisten tötet, gewinnt den Krieg. So können wir unsere Aggressionen, unsere menschliche Natur ausleben. Überraschenderweise gab es auf der anderen Seite eine Frau mit einer bemerkenswert ähnlichen Idee."


Die Frau führte Kino zur nächsten Vitrine.


"Vor fünfzehn Jahren, bei unserem ersten Treffen, zeigte sie mir ein Foto. Es war ein Foto von ihr, zusammen mit ihren Kindern-- sie sahen so bezaubernd aus, ich konnte sehen, dass auch für sie ihre Kinder ihr ein und alles waren. Sie waren alle im Krieg gestorben."


Der Monitor zeigte jetzt ein Zeitungsfoto. Die Museumsführerin umarmte eine Frau in exotischer Kleidung, noch dünner als sie selbst."


"Unsere Idee wurde getestet und umgesetzt. Das war vor fünfzehn Jahren."


Der nächste Monitor zeigte das Land in der Gegenwart, friedlich und voller glücklicher Menschen. Das Land, dass Kino außerhalb des Museums mit eigenen Augen gesehen hatte.


"Seitdem gibt es keinen Krieg mehr zwischen uns. Wir haben uns weiterentwickelt. Ich bin mir sicher, dass junge Mütter heutzutage nie mehr erleben müssen, was ich durchmachen musste. Sie können ihre Kinder gebären, sie großziehen, und wenn sie dann schließlich sterben, werden sie von ihren Kindern begraben. Das ist, was Frieden bedeutet. Menschen sterben in der Reihenfolge, in der sie geboren werden. So ist es in unserem Land. Kino, Hermes, damit ist die Führung zu Ende. Das ist unsere Geschichte."


Die Frau faltete die Hände vor ihrer Brust.


"Danke, dass ihr uns besucht habt.",


sagte sie, lächelnd.


"Darf ich eine Frage stellen?",


fragte Kino.


"Ja, frag ruhig."


"Was ist mit den Tatata, die sterben müssen? Ich bin mir sicher, sie haben auch Familien und ein Leben... oder?"


"So ist es. Aber Frieden erfordert ein Opfer. Früher haben sich unsere Kinder geopfert, junge Männer sind in die Wüste gezogen und in ihr gestorben, um ihr Land zu beschützen."


"......"


"Aber heute ist es anders. Die Tatata können sich nicht wehren, und deshalb muss niemand sterben, um uns vor ihnen zu beschützen.

Und das ist wunderbar.

Wenn wir es nicht akzeptieren, dass sich die Tatata für uns opfern, dann werden unsere beiden Länder erneut Krieg führen. Und dann gäbe es um einiges mehr Opfer als jetzt."


Sie hatte offensichtlich sorgfältig über jedes Wort, dass sie sprach, nachgedacht. Sie fuhr fort,


"Für Frieden braucht es ein Opfer. Dieses Opfer dürfen nicht unsere Kinder sein, das lassen wir nicht zu. Wenn die Tatata genutzt werden können, um den Frieden zu wahren, sollten wir ihr Opfer akzeptieren."


Kino dachte einen Moment nach, und drückte dann deren Meinung aus.


"Ich verstehe es einfach nicht. Ich weiß nicht ob du falsch liegst, oder ob die Menschen früher Recht hatten."


Langsame erschien ein Lächeln auf den Lippen der Frau. Sie beugte sich leicht vor, legte die Hände auf Kinos dünne Schultern und sagte sanft,


"Verständlich, dass du so denkst. Aber wenn du älter bist, wirst du verstehen, wie ich mich fühle."


"Glaubst du?"


"Ich bin mir sicher. Wenn du dein Kind empfängst, wenn du fühlst, wie diese Wärme in dir wächst-- dann wirst du ganz sicher verstehen."


Die Museumsführerin hielt Kino für ein Mädchen.


Dey antwortete nicht.


=[edit]

Kino wurde wurde von einer Menschenmenge verabschiedet, so groß, man hätte denken können, das ganze Land wäre gekommen. Die Sonne stand noch ziemlich hoch am Himmel.


Sie fuhren wieder auf der einspurigen, geraden Straße durch die Wüste, eine Staubwolke zog hinter ihnen her.


Sie fuhren mit konstant hoher Geschwindigkeit, so lange, dass die Sonne schon auf ihrem Weg nach unten war, aber die Landschaft änderte sich nicht. Nur braune Erde, und weiter weg, kahle Berge, und ab und zu diese metallenen Dosen.


"Hmm?"


Kino bemerkte etwas auf dem Weg. Bald konnte man erkennen, dass es eine Gruppe von Menschen war. Auch Hermes bemerkte sie.


"Da kommt jemand."


Kino ging vom Gaspedal runter. Es war eine Gruppe von Tatata.


Ein Teil der Gruppe, junge Tatata, teilweise Teenager, versperrten die Straße. Sie alle trugen entweder Äxte oder Stöcker größer als sie selbst.


Kino stoppte Hermes vor ihnen.


Sie waren etwa zu zwanzigst. In der Nähe standen Tiere, sie hatten sie wahrscheinlich hierhin geritten.


Kino stieg von Hermes ab und stützte ihn auf den Ständer, öffnete den Mantel, ließ an aber an. Dann entfernte dey den Bandana und nahm die Motorradbrille ab.


Ein junger Tatata mit einem Stock nahm ein paar Schritte auf Kino zu und sprach,


"Du kommst mit uns in unser Dorf. Da werden wir dir Arme und Beine ausreißen und dich foltern, bis du stirbst."


Kino sah die Tatata an. Frauen waren Teil der Gruppe, alte Leute, Kinder. Sie starrten Kino an.


"Warum?",


fragte Kino, schien aber nicht besonders überrascht.


"Rache. Wir müssen uns irgendwie rächen, und sei es nur ein bisschen."


"Ich gehöre nicht zu dem Land, an dem ihr euch rächen wollt.",


sagte Kino, ruhig. Der Junge sprach mit distanzierte Stimme, versuchte, seine Emotionen zurückzuhalten.


"Das wissen wir. Du bist auf Reisen, nehm' ich an? Vielleicht weißt du es schon, aber wir hassen das Land, dass du besucht hast. Sie schlachten uns ab, ohne Grund, und nehmen unsere Toten von uns weg. Wir können sie nicht einmal begraben..."


"......."


"Aber egal, was wir tun, wir können nicht gewinnen. Deshalb müssen wir jemanden töten-- irgendeinen, der hier durch kommt, so wie du heute-- um unsere Wut und unseren Hass loszuwerden, und sei es nur ein bisschen. Du hast nichts falsch gemacht. Du hattest einfach Pech."


Der Junge näherte sich Kino langsam.


Hermes meldete sich zu Wort, er klang etwas panisch,


"Worauf wartest du, Kino? Willst du dich von denen essen lassen oder was?!"


Kino antwortete nicht, sondern sprach zu den Tatata, nicht nur zum dem Jungen, sondern zur ganzen Gruppe,


"Wir wissen, wir ihr euch fühlt. Aber ich will hier nicht sterben. Entschuldigt mich."


Kino drehte sich zu Hermes, und der Tatata-Junge schwang seinen Stock, zielte auf Kino's Kopf.


Kino drehte sich blitzschnell um.


Einen Moment lang trafen sich ihre Blicke, Kino sah zu ihm hoch, sie waren nur eine Armlänge entfernt.


"JAAHHH!"


Der Junge stieß einen Kampfschrei aus und schwang seinen Stock.


Kino drehte sich leicht nach rechts, zog Kanone aus ihrem Holster, so schnell, dass deren Hand verschwammm, und schoss.


Brüllender Donner erklang und füllte den Raum zwischen ihnen, zusammen mit weißem Rauch, der so typisch für Schießflüssigkeit war.


Der Junge stand da wie angewurzelt, er hielt immer noch den Stock in der Hand. Seine Augen blickten gen Himmel.


Dann fiel er um, rückwärts, Staub wirbelte auf, Blut füllte seinen Mund, lief über, beschmutzte seinen Brustkorb und tränkte die trockene Erde.


Kino, mit Kanone in der rechten Hand, sah zu, wie die Tatata flohen. Bald waren sie außer Sicht.


"Was hast du mit ihm vor? Begraben?"


"Nein, die anderen werden sicher bald wiederkommen, um ihm ein richtiges Begräbnis zu geben."


Kino steckte den Revolver wieder ein, stieg auf Hermes, zog die Brille und den Bandana auf uns sagte,


"Lass uns fahren."


"Klar."


Hermes antwortete wie aus der Pistole geschossen.


Und so fuhr das Motorrad los, den Leichnahm des Jungen zurücklassend.


Eine Staubwolke folgte ihnen, bedeckte den leblosen Körper mit Sand und Erde.


Als sich der Staub gelegt hatte, war das Motorrad bereits außer Sicht.