Kino no Tabi Band 1 : Kapitel 1

From Baka-Tsuki
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Land des sichtbaren Schmerzes -Ich sehe dich-

Eine braune Linie erstreckte sich durch ein Meer von Grün.

Die Straße verlief absolut gerade von Ost nach West. Kniehohes Gras wehte im Wind. Weit und breit war kein Baum zu sehen.

KNT V01 TOC C01.jpg

Ein einsames Motorad fuhr inmitten der Straße Richtung Westen. Der Fahrer trug schwarte Lederklamotten. das Motorad zog einen silbern glänzenden Anhänger.

Die Jugend des Fahrers stand im Konflikt mit dem Pistolenhalfter am hinteren Teil des Gürtels. Eine halbautomatische Pistole, der Griff zeigte aufwärt, was sie einfach und schnell zu ziehen machte. An der rechten Hüfte war ein Revolver. Das Holster war sehr alt und in schlechtem Zustand; um den Revolver am rausfallen zu hindern, war ein Stück Schnur an beiden Enden des Holsters festgebunden worden.

Kino trug eine Pilotenmütze mit einer Krempe vorne und Klappen, die die Ohren vor dem Wind schützten. Befestigt war die Mütze durch eine Pilotenbrille, deren Band über die Klappen gespannt war. Der Teil unter dem Brillenband flatterte im Wind; dies gab Kino das Aussehen eines fröhlichen Welpen. Die Augen hinter der Brille jedoch waren müde, unkonzentriert.

"Kino? Kino!" Die Stimmer des Motorads riss Kino aus dem hypnotischen Brummen seines Motors. "Du hast Rationen. Iss was."

Kinos Blick wurde wieder scharf. Der Blick wanderte nach unten, auf das Motorad, und dann auf die Stadtmauern, die man in der Ferne Richtung Westen ausmachen konnte.

Zehn Minuten, dachte Kino, maximal

"Wir sind gleich bei der Stadt. Ich will unsere Reserven nicht verbrauchen." Kino rümpfte die Nase. "Überlebensrationen soll man im Notfall essen. Wenn man sonst verhungern würde."

Einen Moment später traf das Vorderad des Motorads auf einen Hubbel in der Straße. Kino verlor das Gleichgewicht, und das Motorad kippte beinahe um.

"Verdammt!"

"Sorry, Hermes." Kino beeilte sich, das Gleichgewicht wiederzufinden, drosselte den Motor.

"Also wirklich" sagte Hermes. "Wir wissen nichtmal, ob wir in der Stadt überhaupt Essen bekommen. Was tun wir, wenn sie verlassen ist?"

"Wenn sie das ist..."

"Dann?"

Kino zuckte mit den Schultern. "Dann ist sie das eben."



Sie erreichten die Außenmauern der Stadt und hielten an. Zwischen ihnen und der Stadt lag ein Wassergraben, wie bei einer mittelalterlichen Burg, wenn auch ziemlich schmal. Kino bemerkte ein kleines Gebäude auf ihrer Seite des Grabens, vielleicht ein Wachposten.

Kino stieg ab, und begann, auf unsicheren Beinen auf das Gebäude zuzugehen... ohne den Motoradständer umzuklappen. Hermes fiel mit einem überaschten Schrei zu Boden. Kino versuchte ihn wiederaufzustellen, aber war zu schwach.

Er jammerte wie ein verletztes Kind. "Jetzt schau dir das an! Du hast mich fallen lassen! Ich kann nicht selber aufstehen Kino! Stell mich auf! Oh, mein Chrom ist ruiniert!"

Kino versuchte noch einmal ihn hochzuziehen, aber schaffte es nicht, und die Knie gaben nach. Kino musste sich auf den Boden setzten.

"Was?" fragte Hermes.

"Zu schwach" murmelte Kino "muss... was essen..."

"Ich habs dir gesagt! Wie oft muss ich es dir denn noch erklären? Motoradfahren ist ein Sport, Kino! Es ist vielleicht nicht so anstrengend wie auf einem Fahrad, aber die Vibrationen der Straße und des Motorads allein verbrauchen deine Energie. Du wirst müde, dein Kopf enthält nur noch das Brummen meines Motors, plötzlich sind einfache Sachen unglaublich schwer und du machst dumme Fehler -wie zum Beispiel vergessen zu essen- und Das führt dann zu Unfällen." Er hörte auf zu schimpfen, wenn auch nur für eine Sekunde.

"Hörst du mir überhaupt zu?"



Niemand war in dem Gebäude.

Eine Maschine, wie ein gigantischer Getränkeautomat, stand in der Mitte des Foyers. Sie wurde aktiv, als Kino hereinkam, stellte ein paar einfache Fragen, in einer zwar künstlich, aber nicht unangenehmen Stimme und erlaubte ihnen Einlass. Die Zugbrücke senkte sich.

"Das war ja schnell" sagte Hermes, jetzt wieder auf seinem Motoradständer.

"Komisch," sagte Kino, stieg auf und startete den Motor.

"Was denn?"

"Da war niemand drin. Nur eine Maschine."



"Hast du gegessen?"

"Ich hab gegessen" antwortete Kino beim Verlassen des Restaurants.

"War irgendjemand drin?"

"Niemand." Kino stieg auf. "Es war echt merkwürdig. Ähnlich wie, wenn man Essen bei einem Selbstbedienungsautomaten bestellt." Kino sah sich um.

Einstöckige Häuser, die ganze Straße entlang. Westlich von ihnen, eine Kreuzung mit einer Ampel. Die Straße dahinter, gerade, zwischen zwei breiten Gehsteigen hindurchlaufend, mit Bäumen, Straßenlampen. In der Ferne verschwand die Straße in einem Wald. Hinter dem Wald, vermutete Kino, lagen mehr Kreuzungen, und dann, die Westwand.

Sie standen immer noch im Schatten der Ostwand, so nah, sie konnten kein Ende sehen. Die Stadt war extrem groß, flach und leise.

Zu leise. Kino juckte es zwischen den Schulterblättern. Wurden sie beobachtet?

"Selbstbedienung hast du gesagt. Was heißt das?"

"Was? Oh... die Maschinen haben alles gemacht. Das Essen war großartig."

"Komische Stadt."

Sie waren noch nicht lange in Bewegung, da kam ihnen ein Auto entgegen. Kino stoppte Hermes, wartete. Wenige Meter vor ihnen hielt es an, und ein humanoider Roboter verließ das Auto. Metallene Oberfläche, er wirkte wirklich nicht besonders menschlich. Er begann zu sprechen, bgerüßende Worte die sie in der Stadt – erneut - willkommen hießen. Er überreichte ihnen eine Karte der Stadt und stieg wieder ins Auto ein, dass sich prompt wieder in Bewegung setzte. Kino und Hermes verbrachten den Großteil des Nachmittags damit, Teile der Stadt zu entdecken, mal hier, mal dort lang, zuerst die Straße rechts und dann den Weg nach links. Als es Abend wurde, war Kino wieder hungrig. Nach kurzer Zeit fanden sie ein weiteres Restaurant, genauso leer, wie das Erste gewesen war.

Die Maschine, die Kino's Bestellung aufnahm, sah aus wie ein Rollstuhl mit einem Cumputer in seinem Sitz, und mechanischen Armen an seinen Seiten. Das Essen sah aus wie eine Art Spaghetti (aber nicht ganz), ein Steak, aus Kino unbekannten Fleisch, und ebenso unbekannte Früchte. Kino hatte gar nicht gewusst, dass Früchte mit dieser Färbung existierten. Jeder Gang wurde von einer neuen Maschine gebracht, auch ihr Geld wurde von einer Neuen entgegengenommen.

Die Preise waren unfassbar niedrig.

Die Maschine, die Kino's Bestellung aufgenommen hatte, begleitete sie aus dem Restaurant, wünschte ihnen einen schönen Aufenthalt, nannte Kino allerdings nicht den Namen der Stadt.

Kino flogte Straßenschildern, um eine Tankstelle zu finden. Auf dem Weg sahen sie keinen Menschen, und auch nichts, was der Stadt einen Namen gegeben hätte. Sie begegneten zwar einem zweiten Auto, aber war es nur eine automatisierte Straßenkehrmaschine.

Sie hielten bei der Tankstelle, Kino tankte Hermes auf, Kino zahlte.

Die Preise waren unfassbar niedrig.

Danach suchten sie nach einem Hotel. Sie fanden eins. Es war leer.

Was eine Überraschung

Das Hotel war luxuriös – Kein Schmutz, kein Staub, keine Flecken waren zu sehen, nicht innen, oder außen. Marmorsäulen stützten die Decke der Eingangshalle. Der Pförtner war eine Maschine.

Wenn man die Qualität des Hotels in Betracht zog, waren die Preise unfassbar niedrig.

Kino schob Kino durch den Gang auf ihr Zimmer. Den Maschinen machte es nichts aus, dass Kino ein Motorad mit aufs Zimmer nahm, obwohl der Parkplatz des Hotels so gut wie leer stand.

Das Hotelzimmer war das beeindruckenste Zimmer, in dem sich Kino je befunden hatte. "Sind sie sich sicher, dass kein Fehler passiert ist?" fragte Kino die Maschine, die Kino und Hermes aufs Zimmer begleitet hatte. "Ich bin kein Adel. Ich bin nicht mal reich. Wenn ihr versucht, mir später mehr Geld abzuziehen, dann werd ich nicht zahlen."

Die Maschine antwortete, dass alles in Ordnung sei, informierte sie, dass Roomservice 24 Stunden am Tag verfügbar war, und verließ den Raum.

"Touristen!" murmelte Hermes. Hätte er Augen gehabt, er hätte mit ihnen gerollt.

Kino duschte in dem unnötig großen Badezimmer, wechselte die Klamotten und war kurz davor, sie im Spülbecken zu waschen, als ein Schild Kino darüber informierte, dass das Hotel diese Service kostenlos anbot. Eine Maschine kam zu ihrem Zimmer, nahm Kino's Klamotten entgegen und versprach, dass diese am nächtsten Morgen sauber sein würden.

Kino und Hermes breiteten ihre Karte auf dem Teppich aus. Das Hotel war ziemlich nah am Osteingang, durch den sie die Stadt betreten hatten. Das Gebiet hieß "Osttor-Einkaufsdistrikt". Von oben war die Stadt rund, und groß, so groß, dass sie bisher bloß einen Bruchteil von ihr gesehen waren. Nirgends stand der Name der Stadt.

In der Mitte der Stadt war der Regierungsdistrikt, auch kreisförmig. Südlich, ein großer See. Nördlich, ein Industriedistrikt mit dem passenden Namen, 'Industriedistrikt'. Alles andere - ungefähr die halbe fläche der Stadt – waren Wohngebiete.

"Hier muss es Menschen geben" sagte Hermes. "Irgendwer muss doch einkaufen und regieren und arbeiten. Und wohnen, das auch noch."

"Irgendwer muss diese ganzen Maschinen gebaut haben."

"Warum haben wir dann noch niemanden gesehen? Meinst du vielleicht, das hier dasselbe passiert sein könnte wie in dem Land hiervor?"

Kino zuckte mit den Schultern. "Das halt ich für unwahrscheinlich. Vielleicht... religiöse Gründe? Ein Feiertag? Vielleicht schlafen sie alle tagsüber, und kommen erst nachts raus."

"Das hört sich überhaupt nicht gut an," sagte Hermes. "Ich kenne Geschichten über Leute, die nur nachts rauskommen. Keine einzige davon endet fröhlich."

Kino lächelte. "Vielleicht gibt es 'nen einfachen Grund. Vielleicht leben einfach nur keine Leute in diesem Gebiet."

"Alle in den Wohngbieten?"

"Wahrscheinlich schon."

"Dann lass uns da hingehen!"

Kino schüttelte den Kopf.

"Ich bin müde, Hermes." Kino stand vom Boden auf und streckte sich.

"Jetzt schon? Du gehst doch sonst nicht so früh schlafen." Hermes klang misstrauisch.

Kino ging zu dem Stuhl, auf dem Jacke und Pistolengürtel lagen. Kino entfernte die Waffen, griff die Jacke, und bewegte sich träge auf das Bett zu.

"Hermes, jetzt habe ich hier so ein schönes Bett, so ein sanftes, so ein gemütliches Bett. Ich will mich einfach nur reinlegen."

Kino legte die Jacke über das Fußende des Bettes, legte die Pistolen unter ein Kopfkissen und ließ sich Gesicht voran aufs Bett fallen.

"Hach..." Einen Moment später war Kino eingeschlafen.

"Touristen."



Kino erwachte vor dem Sonnenaufgang. Die Klamotten, dam Vorabend abgegeben, lagen ordentlich gefaltet im Vorraum. Sie sahen aus wie neu.

Als erstes reinigte Kino die Waffen. Zuerst die Halbautomatische, die am Rücken getragen wurde. Sie hieß "Holzfäller".

Der Holzfäller schoss mit .22 Kugeln, in dünnen Magazinen. Die Waffe hatte nicht besonders Power, aber der lange Lauf, und das dadurch zusätzliche Gewicht reduzierte den Rückstoß.

Solche Dinge waren besonders wichtig für jemanden von Kino's Größe.

Kino entfernte die Kugeln aus dem Magazin des Holzfällers, lud sie in ein neues Magazin, lud nach.

Der Revolver an Kino's Hüfte hieß "Kanone", wegen der Zerstörung, die er anrichtete. Eine beinahe antike Waffe, mit einem Hammer, der jedes Mal manuell gespannt werden musste, bevor man schoss.

Die Kanone nutzte kein Magazin. Flüssigsprengstoff und die Kugeln wurden direkt in die Trommel geladen, was das Nachladen zu einem langwierigen Prozess machte. Zuerst stopfte man den Flüssigsprengstoff, dann die Kugel in jede der Kammern, dann setzte man eine Zündkapsel auf die Rückseite der Zylinder. Traf der Hammer des Revolvers auf die Zündkapsel, entzündete sich der Flüssigsprengstoff, und die Kugel flog aus dem Lauf.

Kino tauschte die geladene Trommel durch eine leere aus und übte das Ziehen. Danach wurde ein zweites mal geduscht, lang und ausführlich in dem luxuriösen Bad.

Kino war der einzige Gast, trotzdem war in dem leeren Restaurant neben der Lobby ein ausladendes Frühstücksbuffet vorbereitet worden. Eine Maschine, teils Roboter, teils Bratpfanne, bat Kino an, jedes nur erdenkliche Omelett zuzubereiten.

Kino stellte sicher, dass Frühstück im Preis des Zimmers mitinbegriffen war, und gab sich anschließend Mühe, so viel zu essen, dass es für den ganzen Tag reich würde. Danach war Kino so voll, dass sie aufs ihr Zimmer zurückkehrten, damit Kino sich hinlegen konnte.

Die Sonne war schon weit über den Horizont gestiegen, da weckte Kino Hermes, belud ihn mit spärlich mit Gepäck, und checkte aus. Mithile der Karte steuerten sie das nächstgelegene Wohngebiet an. Das Wohngebiet sah aus wie ein Wald. Ein alter, dicht gewachsener Wald mit Bächen, in den Baumkronen singenden Vögeln und sauberer Luft. Die beite, gepflasterte Straße verschwand, und Hermes und Kino fanden sich auf schmalen Kieswegen wieder.

Ab und zu kamen sie an Häusern vorbei, alle im gleichen Stil gehalten: Ein Stock hoch, aber viel Platz, umgeben von Bäumen, und mit einigem Abstand zum nächsten Haus.

Sie trafen niemanden.

Kino stoppte Hermes nah eines Hauses neben der Straße. Es sah verlassen aus, aber aus einem unerklärlichen Grund heraus glaubte Kino nicht dass es verlassen war. Verlassene Häuser hatten sonst immer eine gewisse Aura, die Kino immer einsam und ein bisschen traurig machte. Aber nicht dieses Haus. Dieses Haus wirkte warm, bewohnt, so wie jedes andere Haus in jeder anderen; bewohnten; Stadt.

Für eine Weile beobachteten sie das Haus, sahen aber nichts, dass auf Leben hindeuten würde.

Irgendwann entschied Kino dann, dass es sehr unhöfich war, einfach so ein Haus zu beobachten, wenn jemand darin wohnte, und sinnlos, wenn nicht. Sie fuhren weiter.

Schließlich erreichten sie die Westmauer, gingen eine Weile an ihr entlang, und folgten dann einer Straße zurück in Stadtzentrum. Der Wald verschwand und machte mehrstöckigen Gebäuden Platz, die Straße wurde breiter, gepflastert, und sie hatten immer noch niemanden gesehen.

Sie betraten den sogenannten Zentralen Regierungsbezirk, und aus einer Laune heraus betraten sie eines der hoch gebauten Gebäude und nahmen den Fahrstuhl nach ganz oben, zur Aussichtsplattform. Der Aufzug war aus Glas, und bot einen atemberaubenden Blick auf die Stadt unter ihnen. Nur war niemand außer ihnen im Gebäude, um diesen Ausblick zu genießen.

Der Ausblick von der Aussichtsplattform aus war noch beeindruckender, die makellos saugberen, eleganten Gebäude, das Grün von Wiese und Wald, und, in der Ferne, die weiße Sillhouette der Stadtmauer.

Sie sahen durch die blitzblank geputzten Fenser in das benachbarte Gebäude. Maschinen putzten leere Büros. Kino packte ein Zielfernrohr aus. Kino stellte die Schärfe ein, und begann, die Häuser im Wald zu beobachten.

"Also wirklich. Den Leuten hinterherspionieren." Hermes war nicht begeistert.

Kino ignorierte ihn, presste das Auge näher ans Fernrohr. Stirnrunzeln. Eine optische Täschung, oder... "Da ist jemand!"

"Ehrlich?"

"Ja. Er steht vor einem Haus. Normaler Mann. Er macht irgendwelche Übungen. Und da! Eine Frau, 40, 50, glaube ich. Anderes Haus. Sie macht... irgendwas im Garten. Ah, sie is reingegangen. Und da, noch ein Haus, mit Licht an."

"Irgendjemand drin?"

Kino nahm das Fernrohr runter, sah Hermes ernst an, und sagte: "Hermes, was tust du denn, spionierst einfach den Leuten nach!"

"Ha ha. Sehr lustig."

Kino packte das Zielfernrohr wieder ein. "Hab ichs doch gesagt, dass hier jemand wohnt.

"Ja, ich mein, wozu denn sonst das Ganze hier? Aber warum haben wir sie vorher nicht gesehen?"

Kino setzte sich auf eine Bank. "ich weiß nicht. Ich dachte, vielleicht sind sie einfach Besucher nicht gewohnt... vielleicht haben sie einfach Angst. Aber..."

"Aber?"

"Wenn das wahr wäre, dann müssten sie zumindest Dinge miteinander machen. Ich mein, selbst wenn die Maschinen dazu führen, dass jeder immer Urlaub hat... die Leute würden doch Essen gehen. Oder zu Konzerten, oder ins Kino..." Kino zuckte die Schultern. Von dem was ich gesehen hab verlässt hier niemand sein Grundstück. Komplett isoliert."

Kino sah runter, auf das ordentliche, menschenleere Straßennetz. Dies war eines der schönsten Länder, dass sie je betreten hatten, und zweifellos das mit der fortschrittlichsten Technik. "Warum?"

Wieder zurück auf der Straße steuerten Kino und Hermes das Industriegebiet an. Ein Reiseführer, selbst eine Maschine, gab ihnen eine Tour durch eine vollautomatisierte Fabrik. Kino fragte sich, ob er möglicherweise in dieser Fabrik selbst hergestellt wurde, aus Angst, dieser würde es unhöflich finden. Kino fragte, stattdessen, warum sie noch auf keine Menschen getroffen hatten.

Der Roboter reagierte weder iritiert, noch genervt oder gar wütend.

Er reagierte überhaupt nicht.

Als es begann zu dämmern, kehrten Kino und Hermes in das Hotel zurück, in dem sie bereits die vorherige Nacht verbracht hatten. Sie hätten ein anderes suchen können, aber Kino bestand darauf, den ganzen Weg zum Osttor zurückzukehren. Hermes fragte warum, und Kino murmelte etwas von einem guten Buffet.

In Wahrheit hatte Kino Bedarf nach etwas Bekanntem.



Der nächste Morgen. Kino aß wieder zu viel Frühstück – zumindest, wenn es nach Hermes ging. Dann, aufgetankt und mit aufgestockten Vorräten, fuhren sie nach Westen, durch das Stadtzentrum in gerader Linie in Richtung Osttor.

Das Geräusch von Hermes' Motor echote durch den morgendlichen Wald während sie durch das Wohngebiet fuhren. Kino wollte so wenig Lärm wie möglich machen, und so fuhr Hermes langsamer.

Kino sah sich jedes Haus genau an, um die Bewohner zu entdecken, sah aber niemanden. Die Forststraße, auf der sie fuhren, führte über einen sanften Hügel. Oben angekommen kappte Kino Hermes' Motor, und Hermes rollte den Hügeln runter.

Kino wollte den Motor grad wieder starten, da hörten sie ein klirrendes Geräusch. Kino fuhr hoch und sah sich um.

Nicht weit von der Straße war ein ordentlich gemähtes Stück Rasen. In der Mitte dieses Rasens, nun, saß ein Mann. Der Mann fummelte an einem Gerät rum. Er war so beschäftigt, dass er Kino und Hermes noch nicht bemerkt hatte.

Hermes rieft, "Oh, da ist einer!", als hätte er soeben ein Exemplar einer vom Aussterben bedrohten Spezies gesichtet.

Kino ging auf den Mann zu, Hermes an der Seite schiebend. Einen Augenblick lang beobachteten sie den Mann, wie er die Maschine anstupste, dann sagte Kino, "Guten Morgen!"

"Waaah!" Der Mann sprang auf die Füße, drehte sich um, und starrte Kino und Hermes an.

Er war etwa 30, trug eine schwarze Hornbrille und hatte einen absolut panischen Gesichtsausdruck. Man hätte meinen können, anstatt Kino und Hermes stünde ein Geist vor ihm.

"W-w-w-w-w-w-w! W-w-w-w-w... w-w-w..." stammelte er. Für mehr als einen Buchstaben war er wohl zu geschockt.

"Alles ok?" Kino sprach leise. "ich wollte sie nicht erschrecken..."

"W-w-w-wer.. w-w-w-w-w-aaaaan-waaaaan..."

Hermes flüsterte, "Kino, spricht er ne andere Sprache? Vielleicht stellt er sich ganz normal vor. Vielleicht heißt er einfach 'Waan-Waan.' "

"Unwahrscheinlich."

"I-i-ihr" . . bekam der mann herraus.

"Oh!" sagte Hermes. "Du kannst sprechen."

Der Mann fasste sich an den Kopf, mit beiden Händen. "I-i-ihr wisst nicht was ich denke?"

"Hah?" Hermes war verwirrt.

Kino legte den Kopf schief. "Was meinen sie?"

Der Mann erholte sich von seiner Panikattacke, sah nun mehr erleichtert als verängstigt aus, Hermes glaubte sogar, er wäre begeistert. "Ihr versteht nicht was ich denke!"

Frage oder Aussage?

Kino leckte sich über die Lippen. "Das stimmt. Ich kann sie hören, aber..."

Er sah aus, als könnte er an Freude sterben. Dann, eine Flut von Wörtern. "Natürlich! Ich kann auch nicht 'hören', was ihr denkt! Oh! Großartig! Großartig! Ihr... ihr seid nicht von hier, oder? Natürlich! Das ergibt Sinn!", und bevor sie Zeit hatten zu antworten, änderte sich sein Gesichtsausdruck erneut. "K-k-könnte ich euch zum Tee einladen?"

"Wir... können ein bisschen länger bleiben," sagte Kino. "Können sie uns erzählen, warum die Leute hier nie ihr Haus verlassen?"

Der Mann nickte aufgeregt. "Ja, na klar! Ich erzähl euch alles!"



Er sagte ihnen, dass sein Haus ein Stück weiter die Straße runter lag. Es war ein hübsches Haus, in die Landschaft eingebettet und gut gepflegt. Duftende Blumen waren um die Vordertür herum gepflanzt, Sternjasmin, Lavendel und Gardenien.

Der Mann führte sie in einen großen, gut beleuchteten Raum mit eleganten Stühlen und Tischen aus Holz. Sie sahen aus, als seien sie handgebaut. Durch ein großes, gebogenes Fenster sah man den sorgfältig gepflegten Kräutergarten. In dem Haus war es zu leise, wie in der Stadt, offenbar lebte der Mann allein.

Kino setzte sich auf einen der Stühle, Jacke in der Hand. Hermes stand daneben. Der Mann ging in die Küche, und kam nach ein paar Minuten mit zwei Tassen Tee zurück. Er stellte eine auf den Tisch vor Kino, und setzte sich auf das niedrige Sofa.

Kino roch an dem Tee in der offensichtlich handgefertigten Tasse.

"Der Tee kommt von dem Kräutern in meinem Garten. Ich weiß zwar nicht, ob er dir schmecken wird, aber in dieser Gegend ist er sehr beliebt."

"Der Tee riecht interessant, blumig. Wie heißt dieser Tee?"

"Dokudami-Tee."

Hermes keuchte. "Doku? Ist das nicht Gift? Nicht trinken Kino!"

Kino schaute in die Tasse. "Gift... Tee? Soll das 'ne Art Witz sein?" Vielleicht gab es doch einen guten Grund dafür, dass die Leute hier einander fernblieben, wenn hier Gifttee eine lokale Spezialität war.

Der Mann lächelte. "Ihr seid wirklich nicht von hier. Entschuldigung, lasst mich erklären. Das doku bedeutet nicht, dass der Tee giftig ist, sondern steht für seine entgiftende Wirkung. Er ist gesund. Aber jetzt, wo ich drüber nachdenke... wahrscheinlich würde bei so einem Namen jeder zuerst misstrauisch werden."

Sein Lächeln verschwand und er begann zu schluchzen.

Kino und Hermes saßen dabei und sahen zu.

Mit Tränen im Gesicht, schniefend, sagte der Mann: "Es ist... so lange her... dass ich mit jemandem gesprochen habe... zehn, nein, wahrscheinlich länger. Würde ich nicht mit mir selbst reden, ich wüsste garnicht mehr, wie. Der Mann schwieg, und Kino fragte, "Warum?"

Der Mann setzte seine Brille ab und wischte die Tränen weg, nickte. "Ja, ja, ok." Er putzte sich die Nase, setzte sich die Brille wieder auf, atmete ein, aus, und fing an zu sprechen. "Also, einfach gesagt, wir in unserem Land... wir fühlen den Schmerz der Anderen. Also treffen wir uns nicht. Können uns nicht treffen.

Kino schüttelte den Kopf. "Ihr... fühlt den Schmerz der Anderen? Was soll das heißen, was meinen sie?

Der Mann trank etwas Tee. "Haben dir deine Eltern mal gesagt, dass du verstehen musst, wie sich jemand anderes fühlt? So dass du nichts Unhöfliches sagst, oder ihre Gefühle verletzt? Ich glaub alle Eltern machen das. Und hast nie gedacht, wie toll es wäre wenn du wüsstest, was andere Menschen denken? Wie praktisch, wie großartig das wäre? Und wie einfach es für sie wäre, wenn sie sofort wüssten, dass sie deine Gefühle verletzt haben?

"Ja! Das hab ich!" rief Hermes, bevor Kino antworten konnte. "Auf dem Weg hierhin nämlich, da hat Kino–"

Kino sah Hermes streng an.

Der Mann fuhr fort, "Die Menschen in dieser Stadt dachten das nämlich auch. Für die Geschichte ist es wichtig zu wissen, dass der Großteil der Arbeit hier schon lange von Maschinen übernommen wird. Wir hatten also sehr einfache Leben. Essen gab es im Übermaß, alle Grundbefürfnisse für alle Leute waren abgedeckt, eine Zeit von Frieden und Reichtum. Viele Leute hatten viel Zeit, und Sie taten alles mögliche damit. Medizin wurde erforscht, wissenschaftliche Fortschritte, Meisterwerke in Lied, Buch und Filmform überall. Ich selber lernte, Möbel zu bauen." Er zeigte auf die Tische und Stühle, die Kino aufgefallen waren. "Und in dieser...Renaissance... hat irgendwann eine Gruppe Wissenschaftler die Entdeckung gemacht. Sie beschäftigeten sich mit dem menschlichen Gehirn. Sie entdeckten, dass, wenn wir ungenutzte Bereiche im menschlichen Gehirn künstlich entwickeln konnten, wir die Gedanken und Gefühle anderer telepatisch wahrnehmen konnten.

Hermes fragte: "Wie soll das denn funktionieren?"

"Also", fuhr der Mann fort, "es funktioniert so. Stell dir vor, Ich denke das Wort "Hallo" in meinem Kopf. Alle um mich herum bemerken das, zwar nicht genau das Wort "Hallo", aber zumindest, dass ich sie begrüßt habe. Sie spüren... das Gefühl hinter dieser Begrüßung. Anderes Beispiel, sagen wir, ich bin traurig. Ich sage niemanden, warum ich traurig bin, aber ich bin's. Diese Traurigkeit, das Gefühl, traurig zu sein, wird nun an die Menschen um mich herum gesendet. Die Überlegung war, wenn diese Menschen meine Traurigkeit fühlen, dann könnten sie mich trösten, oder zusammmen versuchen, mein Problem zu lösen. Theoretisch. Es ist ein bisschen so wie die Mutter, die genau weiß, was ihr Baby braucht, wenn es anfängt zu weinen. Ich glaube sie nannten es Telepathische Empathie."

"Aha", sagte Kino.

Hermes sagte nichts.

"Alle waren von dieser Entdeckung begeistert. Wir dachten, wir könnten uns endlich genau verstehen, es würde keine Missverständnisse, keine Uneinigkeit mehr geben, kein Streit, keine blutuge Konflikte. Wir könnten direkt miteinander reden, anstatt dieses primitive Vehikel genannt Sprache zu nutzten, in der Hoffnung, dass nur ein bisschen von dem, was wir meinen, bei der anderen Person ankommt. Dachten wir zumindest. Die Wissenschaftler suchten nach einer einfachen Methode, allen diese Fähigkeit zu geben, und entwickelten eine Medizin, die das konnte. Alle haben sie genommen."

"Alle?", fragte Hermes.

"Alle. Niemand wollte als Einziger ausgeschlossen sein. Wir wollten uns gemeinsam weiterentwickeln. Und das haben wir ja auch, irgendwie."

"Was ist dann passiert?" fragte Kino, und bewegte sich unbewusst näher an den Rand des Stuhls. "Sie haben gesagt, theoretisch würde das so funktionieren. Es hat am Ende nicht geklappt, oder?"

Die Miene des Mannes verfinsterte sich, und er fuhr fort: "Ab hier kann ich nur erzählen, was mir passiert ist. Wie alle anderen auch, hab ich dann die Medizin genommen. Als ich dann am nächsten Morgen aufgewacht bin, hörte ich eine Frage in meinem Kopf. "Kannst du mich hören?" Außer mir war niemand im Zimmer. Bis zu dem Punkt hatte ich zwar die Idee hinter der Medizin verstanden, aber ich war trotzdem überrascht, die Gedanken einer andern Person in meinem Kopf zu hören. Wie gesagt, natürlich war es nicht wirklich Sprache, die telepathisch übertragen wurde, sondern das Gefühl hinter "Kannst du mich hören", dass in meinem Kopf ankam. Ich antwortete also, "Ich kann dich hören!" und bekam zurück "Ich kann dich auch hören! Das ist ja großartig!", und kurz darauf "Ich warte unten, vor deiner Tür". Ich bin sofort runtergerannt, zu meiner Partnerin, die unten vor der Tür wartete. Sie hatte die Medizin auch genommen. Wir waren außer uns vor Freude, und verbrachten viel Zeit in dem Gefühl endlich vereint zu sein. Ich muss lachen, wenn ich heute drüber nachdenke."

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Der Mann sah nicht aus, als sei im zum Lachen zumute. Er stoppte, bemühte sich, den Faden wiederzufinden. "Wir waren die glücklichsten Menschen auf der Welt... für 'ne Weile," sagte er. Wir sind zusammengezogen, verbrachten die Tage in perfekter Harmonie. Dann, eines Tages, meine Partnerin war gerade dabei, meinen Kräutern Wasser zu geben. Nur gab sie ihnen viel zu viel, nicht absichtlich, ausversehen, sie konnte es nicht besser wissen. Und ich dachte etwas wie "Hey! Sie gibt ihnen schon wieder zu viel Wasser! Wie oft muss ich ihr denn noch sagen, dass...". Bevor ich sie freundlich und vorsichtig auf ihren Fehler aufmerksam machen konnte, waren meine Gedanken schon bei ihr angekommen. Sie war wütend, sie war wütend auf micht, und ich konnte ihre Wut fühlen, und ich konnte auch fühlen, dass Sie dachte, ich hielte sie für dumm."

Kino starrte in ihre Tasse. Ihr war unbehaglich.

"Oh", murmelte Hermes.

"Genau. Sie spürte das Gefühl hinter meinen Gedanken, bevor ich sie filtern konnte. Ich erhielt ihre wütende Antwort sofort, und dachte etwas in der Art von, "Was ist los? Warum wird sie so wütend wegen einer Kleinigkeit?", und sie antwortete etwas wie "Kleinigkeit? Für dich vielleicht, aber mir ist das sehr wichtig!"

Ein Lächeln erschien auf den Lippen ihres neuen Freundes, allerdings sah er nicht so aus, als wäre ihm zum Lachen zumute. "Wir hatten eine Art Gedankenstreit. Sie hatte einen Minderwertigkeitskomplex, dachte, sie wäre nicht so schlau oder gebildet wie ich. Sie hatte nie etwas gesagt, obwohl wir seit mehreren Jahren zusammen waren, und ich hatte ich nie etwas bemerkt. Sie glaubte mir nicht. Sie dachte, ich hätte es gewusst, und Nichts, was ich sagte oder dachte stimmte sie um. Von dem Tag an versuchte ich, meine Gedanken vor ihr zu verstecken, meine Emotionen zu kontrollieren."

Er machte eine Pause, ließ einen Finger am Rand seiner Tasse entlanglaufen. "Als sie mich dann verlassen hat, war ihr letzter Gedanke "Wie konnte ich jemals mit so einem gefühlslosen, eingebildeten Mann zusammenleben?" Ich war geschockt, als ich sie gehen sah. Es war irgendwie ironisch. Wir mussten uns trennen, gerade weil wir nichts voreinander verbergen konnten."

"Das ist... traurig," sagte Kino, und kam sich aufgrund der inadequaten Ausdrucksweise dumm vor.

"Das war noch garnichts im Vergleich mit den Sachen, die anderswo los waren. In der Stadt starb jemand in einem Verkehrsunfall; seine Gefühle wurden an die Menschen gesendet, die angerannt kamen, um ihm zu helfen. Alle wurden sie wahnsinnig. Zwei Politker, die seit Jahren zusammenbearbeitet hatten, fanden heraus, das jeder geplant hatte, den anderen zu verraten, und versuchten, sich gegenseitig umzubringen. Sie schafften es zwar nicht, wurden aber auch wahnsinnig. Prügelein brachen überall und ohne Vorwarnung aus. Und Leute wurden festgenommen, für öffentliche Obszönität oder sogar versuchte Vergewaltigung, obwohl sie sich nur einer jungen Frau genähert hatten."

"Das... das ist..." begann Kino, fand aber die Worte nicht dafür, was es war.

"Diese Sachen pasierten überall. Innerhalb von einer Woche war die Stadt in Chaos."

"Und dann?" fragte Kino.

"Uns wurde klar, dass unsere neue Fähigkeit kein Segen war. Sie war ein Fluch. Sie bedeutete nicht Weitereintwicklung, sondern Chaos." Der Mann räusperte sich. "Wenn überhaupt, dann war diese Erkenntnis die Weitereintwicklung. Das menschliche Empathie eine Lüge war. Das wir aufhören wurden, uns wehzutun, wenn wir wüssten, was wir taten."

"Sie konnten ihre Gefühle nicht kontrollieren."

"Ich hab es versucht, aber wenn ich das tat, folgte ein Vortrag darüber, was für eine kalte, gefühlslose Kreatur ich doch sei." Er schüttelte den Kopf. "Nein. Den Schmerz, oder die Wut... oder die Freude... eines anderen zu fühlen ist anstrengend. Kann man den Schmerz der Person nicht heilen, und man wird sauer auf die Person, weil sie daran Schuld ist, dass man sich schlecht fühlt, wird dieser Hass direkt auf die Person zurückübertragen. Es ist ein Teufelskreis."

"Sie und ihre Partnerin trennten sich." sagte Kino

Der Mann nickte. "Wir mussten. Wir fanden heraus, dass die Telepathie nur in einem Radius von etwa 12 Metern funktioniert, und nicht darüber hinaus. So wie du meine Stimme ja auch nicht hören könntest, würde ich jetzt nach draußen gehen."

"Deshalb die Isolation," murmelte Hermes.

"Genau. In unserem Land hat jeder, haben alle, sämtliche Personen, ohne Übertreibung, furchtbar Angst vor anderen Menschen.

Wir haben die Maschinen so fortschrittlich gebaut, dass wir alle unseren Platz haben, unser Haus, unser Grundstück, und darin sind wir... glücklich." Der Mann machte ein Gesicht, als würde das Wort bitter schmecken. Kino musste den Blick abwenden.

Der Mann stand auf und drückte einen Knopf an der Maschine hinter ihm. Musik begann zu spielen, füllte den Raum; eine Geige spielte eine sanfte Melodie.

Kino hörte für eine Weile zu, sagte dann, "Das ist ein schönes Lied."

Der Mann antwortete mit einem trockenen Lächeln. "Ich liebe dieses Lied. Vor zehn Jahren war es sehr beliebt. Jedes mal wenn ich es höre... fühle ich mehr, als ich will. Damals noch, da fragte ich mich oft, ob andere Menschen diesselben Gefühle bei diesem Lied bekamen... einmal hörte ich es mit meinem Partner an... sie sagte, es hätte ihr gefallen, aber was meinte sie wirklich? Nachdem wir die Medizin genommen hatten, hätte ich es rausfinden können, aber ich wollte nicht, ich hatte zu viel Angst. Was fühlst du bei diesen Lied, Kino? Die Wahrheit ist... ist will es nicht wissen."

Der Mann schloss die Augen und das Lied endete.



"Also, Kino," sagte der Mann. Sie standen in der tadellos sauberen Auffahrt seines Hauses. "Dir muss ich es wahrscheinlich nicht sagen, da du ja die Expertin bist aber... sei vorsichtig."

Kino hatte Hut und Pilotenbrille wieder aufgesetzt, und Hermes Motor lief.

"Werd ich sein."

"Du auch, Hermes."

"Danke!" sagte das Motorad.

"Ich finde es schön, dass wir miteinander sprechen konnten." Er lächelte und kratzte sich am Kopf. "Worte bedeuten hier so viel mehr als... da draußen." Er gestikuliere in Richtung Westwand. "Hätte ich euch doch nur an eurem ersten Tag getroffen. Naja." Seine Schultern fielen in sich zusammen, sein Lächeln genauso.

"Vielen Dank. Danke für den Tee," sagte Kino, bemüht, nicht bemüht zu klingen. Kino stieg auf Hermes auf, lehnte sich vorwärts, trat den Ständer weg.

Hermes war bereit loszufahren, da rief ihr neuer Freund plötzlich: "Warte! Eine Sache noch!"

Kino stoppte Hermes' Motor. Die Stille war erdrückend.

Der Mann machte einen Schritt auf Kino und Hermes zu. Er nahm die Hände in die Taschen, scharrte mit den Füßen inmitten seiner makellosen Auffahrt. Er atmete ein. "Also... ähm... ich meine... wenn es dir nichts ausmachen würde... könntest du hier eine Weile wohnen. Es ist sehr friedlich hier, und wenn es dich nicht stört, nie jemanden zu treffen, dann ist das hier ein sehr schönes Land. Beziehungsweise, natürlich könntest du andere Menschen treffen, wenn du willst. Du könntest machen, was du willst. Du auch, Hermes. Ihr könntet immer noch Reisen, aber ab und zu hierhin zurückommen. Kino, wenn du willst, ich hab immer Platz."

Kino erinnerte er an einen Ballon, aus dem man die Luft rausgelassen hatte. Einen Moment starrte sie ihn an, dann sagte sie, "Es tut mir leid, aber... ich kenn' dich doch kaum. Und ich möchte wirklich nicht aufhören, zu reisen."

Der Mann starrte Kino mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. "Du kennst mich kaum,"murmelte er. "Tatsächlich. Aber wenn du bleiben würdest..."

"Ich kann wirklich nicht. Wir kennen uns doch garnicht."

Die Augen des Mannes wurden größer als Er verstand. Sein Gesicht erhielt die Farbe roter Beete. "Oh! Ich meinte doch nicht... also, dass... dass du für immer mit mir... also das meinte ich nicht. Ich kenn dich ja auch kaum." Er lachte, hielt Kino dann die Hand entgegen. "Schön, dich kennenzulernen, Kino."

Kino grinste und schüttelte seine Hand. "Schön, dich kennenzulernen. Und viel Glück. Kino startete Hermes Motor, drehte sich nach vorne und fuhr los.

Einmal drehte Kino sich um. Der Mann war immer noch da, sah zu, wie sie immer kleiner wurden. Sie winkten einander zu, dann drehte Kino sich dem westlichten Horizont zu und fuhr.

Sie brachten den Mann un seine einsame Stadt hinter sich, fuhren schweigend durch Felder aus hohem Gras. Die Sonne stand niedrig am Himmel, und würde das bald auch in Kinos Augen tun.

"Kino, was sollte das anstarren mit dir und dem Mann am Ende?" fragte Hermes aus heiterem Himmel.

"Was?"

"War es Liebe?"

"Was? Nein, warum wie kommst du dadrauf?"

"Ich dachte kurz, dass du ihn heiraten würdest. Ich glaube, darauf wollte er hinaus."

Kino lachte. "Quatsch."

"Wenn du meinst," sagte Hermes, und schwieg.

Nach einer Weile sagte er, "Ich denk immer noch, dass er sich ein bisschen in dich verguckt hat."

"Dachtest du," sagte Kino. Beide schwiegen, dann sagte Kino, "Das letzte, was er gesagt hat, war 'Stirb nicht.' "

"Hat er doch gar nicht gesagt."

"Nicht laut."

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